Auf dem Weg zur Emmanuel-Kirche kommen wir zur Merkurios-Kirche (Bete Marqueros). Sie war einst die größte, aus einem Monolith geschlagene Kirche. Leider sind jedoch die Pfeiler einem Erdbeben zum Opfer gefallen. Überstanden hat das Erdbeben nur das hintere Drittel, das über einen Tunnel mit dem Brothaus verbunden ist. Der Zugang erfolgt von unten.
In der Kirche sind neben wenigen Felsenzeichnungen mehrere Wandteppiche zu sehen. Auch sie zeigen biblische Motive wie den Heiligen Gebre Memphis Kiddus mit seinen je drei Löwen und Leoparden. Auf einem anderen Teppich ist der Heilige Merkurios auf einem dunklen Pferd zu sehen, wie er einen Schwertträger mit einer Lanze ersticht.
Nur einen Katzensprung weiter befindet sich die Emmanuel-Kirche. Wer möchte, kann diese über einen weiteren Tunnel sowie einer steilen Treppe von unten erreichen. Das obere Ende der Treppe befindet sich innerhalb der Kirche, was heißt: noch bevor man das Äußere der Emmanuel-Kirche gesehen hat, ist man auch schon mittendrin.
Wie die Bete Maryam wird auch die Emmanuel-Kirche durch Pfeiler und Rundbögen in drei Schiffe unterteilt. Während die Seitenschiffe ein flaches Dach aufweisen, hat das Mittelschiff ein gewölbtes Dach. Charakteristisch für die Kirche sind die Bänder im Mauerwerk. Diese befinden sich sowohl im Innern, als auch auf der Außenfassade.
Kennzeichnend für die Kirche sind außerdem die axumitischen Affenköpfe (auch aksumitische Affenköpfe) an der Tür und den Fenstern der unteren und oberen von drei übereinander angeordneten Reihen. Wer sich darunter nichts vorstellen kann: damit werden die hier jeweils vier Balken bezeichnet, die ein Stück weit aus der Wand herausragen. Zu unserem Bedauern wird die Emmanuel-Kirche wie auch schon die Welterlöserkirche Bete Medhane Alem von einem zugleich riesigen wie hässlichen Dach vor der Witterung geschützt. Da die Stützen bis auf den Boden des um die Kirche frei geschlagenen Gangs hinabreichen, sind damit schöne Aufnahmen von außen so gut wie unmöglich. Imposant ist die Kirche dennoch.
Nach den vielen Eindrücken von Lalibela sind wir nach der Emmanuel-Kirche kaum noch aufnahmefähig. So sind wir doch froh, als wir mit der Bet Abba Libanos, dem Haus des Vaters Libanos, die letzte Kirche der westlichen Gruppe besuchen. Durch die Verbindung des Dachs mit dem Felsen zählt sie zu den halbmonolithischen Kirchen von Lalibela. Dem Namen nach ist sie dem Heiligen Abba geweiht, einem der neun Heiligen der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Nachdem dieser bei den Königen von Axum bereits in Ungnade gefallen war, hatte ihn König Gebre-Maskal nach seinem Amtsantritt zurück aus dem Exil geholt.
Der hintere Teil der Kirche wurde dabei derart aus dem Stein gearbeitet, dass zwischen dem Fels und dem eigentlichen Kirchenraum ein Hohlraum entstanden ist. Dieser ist zu beiden Seiten der Kirche nach vorne durch eine Mauer abgetrennt, aber durch schwere Holztüren zugänglich. Heute wird der Gang während der Gottesdienste vom Kirchenchor und den Musikern genutzt. Laut der Legende soll Lalibelas Gattin die Kirche innerhalb eines Tages erschaffen haben. Eine Leistung, die ihresgleichen sucht. Vor allem dann, wenn wir bedenken, wie anstrengend allein die Besichtigung der vielen Kirchen in so kurzer Zeit ist.