Die Silte sind eine ethnische Gruppe, die sich in den Gegenden südlich von Addis Abeba angesiedelt haben. Das relativ kleine Volk wurde lange den Gurage zugeordnet. Erst in den 1990er Jahren wurden sie als eigenständige Ethnie anerkannt. Dies ermöglichte ihnen, 1991 eine Silte-Zone zu gründen.
Die Silte leben überwiegend von der Landwirtschaft, wobei sie sich auf die Kultivierung der »Falschen Banane« – Ensete – spezialisiert haben. Durch die Nähe zur Hauptstadt Addis Abeba oder Adama liegt es nahe, dass es einige der Silte aus ihrem Dorf zeitweise oder auch dauerhaft in die Stadt zieht. Dort arbeiten sie als Kleinhändler.
Beim ersten richtigen Stopp während der Fahrt in den Süden von Äthiopien besuchen wir ein Silte-Dorf. Wobei Dorf für unseren Begriff leicht übertrieben klingt, da die auffallenden Hütten in der Landschaft weit verteilt sind. Die Silte bauen runde Lehmhäuser mit einem mächtigen Strohdach. Das Besondere an diesen Tukuls ist die hübsche Bemalung.
Ob drinnen oder draußen, die freien Lehmwände werden mit verschiedenen, bunten Bildern liebevoll bemalt. Yitbarek geht vor und fragt die Hausfrau, ob ein Besuch in Ordnung geht. Freundlich bittet sie uns herein, bevor wir einmal mehr staunen, wie ordentlich diese einfachen Hütten gehalten werden.
Es wuseln lauter Kinder um uns herum. Ob die alle zu der Frau gehören? Wir wissen es nicht, aber weiteren Nachschub schleppt sie bereits auf ihrem Rücken. Das Haus ist sehr geräumig. Wir erkennen die Schlafstellen und die Küche. Viel mehr wird nicht gebraucht.
Möbel gibt es bis auf ein Regal keine. Dafür läuft eine Henne mit ihren Küken quer durch die Küche. Und als ich mir die Kochstelle näher anschaue, gackert mich das nächste Huhn entsetzt an, welches etwas versteckt auf ihrem Nest sitzt.
Inzwischen füllt sich das Haus. Es hat sich im Silte-Dorf wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass Touristen da sind. Das zieht natürlich die Nachbarn an. Alle sind neugierig, aber nicht aufdringlich. Es ist richtig schön.
Ich frage ein Mädchen, wo denn ihr Esel ist, mit dem ich sie kurz zuvor gesehen habe. »Der kennt den Weg alleine und ist schon einmal voraus gelaufen«, erklärt sie. Was für ein praktisches und nützliches Transportmittel!
Wir besuchen ein Silte-Dorf nahe Addis Abeba in Äthiopien. Am Morgen startet die Fahrt ab Addis Abeba mit Jeeps in den Süden des Landes.
Am Nachmittag legen wir einen außerplanmäßigen Stopp in Soddo ein. Verlief die Fahrt bisher recht ruhig, so ist hier richtig viel los. Mit über 150.000 Einwohner ist Soddo eine der größeren Städte Äthiopiens, in der 14 verschieden Sprachen gesprochen werden. Hier gibt es einen kleinen Flughafen, eine Universität und die Stadt ist Sitz des römisch-katholischen Apostolischen Vikariats Soddo, welches seinen Ursprung Papst Pius XII zu verdanken hat. Es ist Markt, womit wir eigentlich eine gute Möglichkeit bekommen, uns heimische Produkte anzuschauen.
15 Minuten haben wir dafür Zeit. Das ist nicht viel, sollte aber reichen, um ein paar schöne Eindrücke zu sammeln. Was wir nicht wissen: in Soddo steigen nur selten Weiße aus. Um so überraschter sind wir, als wir uns plötzlich von Kindern und Jugendlichen umringt sehen. Folgten uns erst ein paar wenige, scharen sie sich bald von allen Seiten um uns. Jetzt noch zu den Marktständen durchzudringen, unmöglich. Stattdessen bekommen wir eine Ahnung davon, wie sich Promis fühlen müssen, die ein Bad in der Menge nehmen.
Vor allem an Annette haben die Kinder aus Soddo einen Narren gefressen. Immer wieder wagen (oder drängen) sich einzelne in die erste Reihe, um ihre helle Haut zu berühren. Aber: die Stimmung ist ausgelassen und bleibt friedlich. Keiner kennt die Sprache des anderen, und doch sind alle am Lachen und freuen sich über unseren Besuch.
Einzig, ein paar der Kinder zu filmen oder zu fotografieren, stellt uns vor Probleme. Denn irgendwie wollen sie alle aufs Bild - und gleichzeitig aufs Display schauen. Zugleich habe ich alle Augen voll zu tun, den Überblick zu behalten, damit wir nicht ganz in der Menge untergehen und rechtzeitig zum Jeep zurückkommen.
Tatsächlich ist der Weg so plötzlich, wie wir umringt wurden, wieder frei. Als Grund erkenne ich zwei Polizisten, die von Annette und einer Mitreisenden unbemerkt dazwischen gehen und die Kinder beiseite scheuchen.
Auch sie blicken freundlich, achten aber auch darauf, dass niemand unbedacht auf die Straße rennt und wir pünktlich zurück beim Auto sind, wo dieses schöne Erlebnis in Soddo endet.
Aufnahmen unseres irren Besuchs des Marktes in Soddo, auf dem wir flugs von Kindern und Jugendlichen umringt waren.