Ethnologische und Nationalmuseum in Addis Abeba

Die Sammlung christlicher Kunstwerke Äthiopiens

Zurück in der Innenstadt von Addis Abeba besuchen wir das Ethnologische Museum. Es befindet sich im Hauptgebäude der Universität von Addis Abeba bzw. im Gannata Le'ul Palast, in dem einst Kaiser Haile Selassie I. residierte. Gleich nebenan steht das älteste Hilton Hotel Afrikas.

Ein auffallendes Zeugnis aus dieser Epoche ist ein ausgestopfter Löwe, den die Besucher im ersten Stock passieren. Daneben können mehrere (Einrichtungs-) Gegenstände sowie das aus heutiger Sicht schlicht eingerichtete Bad und Schlafzimmer von Kaiser Haile Selassie besichtigt werden.

Weit bedeutender ist jedoch die Sammlung christlicher Kunstwerke Äthiopiens sowie historischer Musikinstrumente. Wobei wir allerdings bedauern, dass viele der Gegenstände in Vitrinen ausgestellt sind, die ihrem Aussehen nach selbst schon museumsreif sind. Auch sind die Beschreibungen der Exponate oft sehr knapp gehalten - und nicht immer auf Englisch.

Damit sich die Besichtigung des recht dunkel gehaltenen Raums lohnt, sollte man sich daher unbedingt führen lassen. So erklärt uns Yitbarek die Beschaffenheit und Bedeutung einiger kunstvoll verzierter Kreuze aus der heiligen Stadt Lalibela. Dabei erfahren wir auch, dass sie bei verschiedenen religiösen Handlungen nur mit einem Tuch angefasst werden dürfen.

Das Ethnologische Museum und die Gesichter der Missetäter

Daneben sind in dem Raum einige Wandteppiche zu sehen. Auch wenn die Farben stellenweise arg verblichen und die Motive dadurch nur schwer zu erkennen sind, lohnt sich das längere Studium. So lässt sich allein an der Kopfhaltung erkennen, ob die gemalte Person ein guter oder böser Mensch ist. Während die Guten stets mit dem Gesicht zum Betrachter schauen, sind die Missetäter seitlich gemalt.

Die biblischen Motive der Teppiche sind jedoch nichts für schwache Nerven. Denn neben Szenen aus dem Alltag der Menschen - etwa beim Füllen eines Beckens - fließt doch eine Menge Blut. So zum beispiel bei der Enthauptung eines Apostels (Gesicht ganz zu sehen) durch einen Gewaltherrscher und seinem Gefolge (Gesicht nur seitlich zu sehen).

Lucy im Nationalmuseum von Addis Abeba

Stellen Sie sich vor, sie schreiben einen Song für einen Menschen, der vor 3,2 Millionen Jahren gelebt hat, und wissen es in dem Moment nicht einmal. So ist es den Beatles mit »Lucy in the sky with diamonds« ergangen. Denn just, als der amerikanische Paläoanthropologe Donald Johanson die Knochen von Lucy im November 1974 entdeckte, hörten er und sein Team den Beatles-Klassiker, nach dem sie ihren Fund benannten.

Tatsächlich hat ausgerechnet der Name dazu beigetragen, dass die in diesem Alter besterhaltene Vertreterin des Australopithecus afarensis die Menschen seit jeher fasziniert. Mit Lucy wurde erstmals wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Mensch bereits vor über drei Millionen Jahre aufrecht gehen konnte. Und auch wenn inzwischen weit ältere Skelette gefunden wurden, wird der Name Lucy immer noch mit dem Ursprung der Menschheit gleichgesetzt.

Lucy und die Wiege der Menschheit

Speziell für die Äthiopier hat der Fund im Afar-Dreieck eine hohe Bedeutung. Sie sind stolz darauf, dass ihr Land dank Lucy als Wiege der Menschheit gilt. Entsprechend groß war das Entsetzen, als Lucy 2007 für fünf Jahre in die USA gebracht und dort in einigen Städten ausgestellt wurde. Die Gerüchte, dass ihre Regierung Lucy verkauft habe, ebbten erst ab, als die Überreste der knapp ein Meter großen Frau wieder in Äthiopien waren.

Seitdem ist Lucy im Nationalmuseum von Addis Abeba im Stadtteil Ammist Kilo aufbewahrt. Zu sehen bekommen wir im Untergeschoss des Museums allerdings nicht die wahre Lucy (bzw. das, was von ihr übrig ist), sondern eine Replik. Das Original war nach seiner Rückkehr nur innerhalb einer fünftägigen Sonderausstellung ausgestellt. Danach verschwanden die 47 von Lucys Skelett gefundenen Knochen zu ihrem eigenen Schutz hinter dicken Mauern.

Außer der berühmten Lucy sind die Knochen weiterer Vorfahren des Menschen sowie große Tafeln mit Informationen über den Fund und seine Bedeutung ausgestellt. Wer hingegen in die oberen zwei Etagen des Nationalmuseums geht, findet dort einige Exponate aus der Kaiserzeit sowie bis zu 3000 Jahre alte Kunstgegenstände Äthiopiens.

Leider sind die einzelnen Stücke eher dürftig bis mangelhaft beschriftet und beschrieben. Da auch die ganze Ausstellung so wirkt, als sei sie nur da, um die Räume zu füllen, verlassen wir das Museum bald wieder. Damit bleibt uns mehr Zeit für die verdiente Pause im benachbarten und hübsch mit viel Grün gestalteten Restaurant Lucy.

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