Gut eine halbe Stunde brauchen wir, bis wir vom Hotel Victoria aus L'Entre-Deux, ein ursprünglich gebliebenes kreolisches Dorf auf La Réunion, erreichen. Es gilt zugleich als das schönste Dorf auf der Insel. Um vor Ort ohne Suche nach einer Parkmöglichkeit gleich starten zu können, haben wir zuvor einen kostenfreien Parkplatz bei der Kirche ins Navi eingegeben.
Zu dumm, dass wir für unseren Besuch einen Sonntag gewählt haben und bei unserer Ankunft ein Gottesdienst stattfindet. Die Autos drängen sich hier regelrecht aneinander. Eine kleine Lücke aber haben die Leute für uns frei gelassen. Dann kann es ja losgehen!
Während wir zum Startpunkt unseres Rundgangs bei der Touristinformation laufen, begleitet uns der Klang eines Kirchenlieds. Die Info ist sonntags geschlossen. Dennoch spricht uns schon bald ein Guide an, der uns durch L'Entre-Deux führen möchte.
Auch wenn er ein recht gutes Deutsch beherrscht, verzichten wir. Dies ist für ihn kein Problem, da uns einen größere Gruppe Italiener folgt. Italienisch spricht er natürlich auch und von so einer großen Gruppe bekommt er allein durch die Trinkgelder mehr als von nur einem einzelnen Paar.
Die Touristinfo selbst ist das erste Gebäude des Rundgangs, welches die typischen Elemente der kreolischen Architektur vereint. An dem niedrigen Gebäude ist gut zu sehen, dass die Häuser auf der früheren Ile Bourbon durch den Einfluss der Schiffsbaumeister europäische Züge enthielten.
Mit rechteckigem Grundriss sind die Holzcabanes schlicht gehalten. Ein kurzes Vordach ist mit den Lambrequins - kunstvoll verzierte, metallene Schutzblenden - ausgestattet und bunte Farben verleihen den Hütten ein verspieltes Aussehen. Dazu gehört auch eine Veranda, die in einen liebevoll gepflegten Garten führt.
Über die Rue Fortuné-Hoarau gelangen zu den kleinen und einfachen Häuschen Nr. 8 und 6. Sie wirken beide unbewohnt, eignen sich aber bestens als Ausstellungsstücke. Die einstöckigen Häuser bestanden zunächst aus zwei Zimmern. Nachdem die Familien Zuwachs bekommen hatten, wurden sie mit zusätzlichen Räumen nach hinten erweitert. Da sich offenes Feuer mit einem Holzhaus nur schlecht vereinbaren lässt, blieb die Küche traditionell im Freien. Das Haus Nr. 6 ist zudem mit typischen Ornamenten verziert. Im ländlichen Raum bestanden diese aus Rauten und anderen geometrischen Formen oder, wie hier, die Umrisse einer Blüte.
Als Nächstes kommen wir nach einer Rechtskurve der Hauptstraße zu einer öffentlichen Grünfläche mit einem kleinen Denkmal. Es erinnert an die vielen Sklaven, die früher auf den Plantagen der Großgrundbesitzer schuften mussten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein saniertes Restaurant mitsamt Laden. Beides geht auf einen Chinesen zurück, der sich in den 1860er Jahren hier in L'Entre-Deux angesiedelt hatte.
Vollgestopft mit unnützem Kram, aber auch Snacks und kalten Getränken, kommt uns der Laden ganz gelegen. Denn auch wenn wir uns wieder im Gebirge befinden, ist es in der Sonne inzwischen ganz schön warm geworden. Als Alternative hätten wir auch beim Café an der Straßenkreuzung einkehren können. Das sieht einiges netter und gepflegter aus als der Chinesenladen.
So aber spazieren wir am Café und der Kreuzung vorbei bis zur Ecke Rue Payet / Rue des Frères. Das Holzschindelhaus in dem großen Garten gilt als eines der ältesten Häuser von L'Entre-Deux. Früher wurden die Schindeln aus Tamarindenholz gefertigt und dienten als Wärme- und Schalldämmung. Die nächsten Häuser Nr. 12 und 14 in der Rue des Frères wirken wieder unbewohnt, besitzen dafür wieder reich verzierte Lambrequins.
Diese dienten allerdings nicht nur der Gestaltung. Weitaus wichtiger war, dass das viele Regenwasser daran herunter tropfen konnte und die Fassaden nicht beschädigt wurden. Um auch Spritzwasser zu vermeiden, pflanzten die Einwohner niedrig wachsende Büsche direkt unter den Blenden.
Beim Haus Nr. 16 können wir in einen der liebevoll gestalteten Kour, einem kreolischen Garten, schauen. Wer es sich leisten konnte – oder heute noch kann und genug Zeit für die Pflege hat – gönnte sich einen solchen Garten. Während an der Straße dekorative Büsche wie Hibiskus oder Bougainvilleen standen,
pflanzte man im Garten Nutzpflanzen wie Banane und Papaya sowie Heilkräuter an. Einen besonderen Stellenwert hatten auf La Réunion okkulte Gewächse. Dornengestrüpp sollte böse Geister fernhalten, durch Frangipani versprach man sich ein längeres Leben und der Granatapfel erhöhte die Fruchtbarkeit.
Eigentlich ist der Rundgang durch L'Entre-Deux öffentlich markiert. Dennoch fühlt es sich irgendwie komisch an, dass man dafür den dort wohnenden Leuten über die Einfriedungen blicken soll. Und das teilweise auf Zehnspitzen (Lars: »Wachsen musst', nicht bescheißen!«). Aber gut, wir laufen unsere Runde weiter über die Rue Payet, wo noch einige gepflegte und hübsche Häuser, oft im Schutze hoher Kokospalmen stehen, bevor wir wieder Kurs auf die Kirche nehmen.
Dort angekommen, können wir dann bestätigen, dass L'Entre-Deux sicher zu den schönsten kreolischen Dörfern zählt, die wir besucht haben. Angenehm fällt dabei auf, dass hier nur wenig Verkehr auf der Straße herrscht und man in Ruhe durch die Straßen schlendern kann. Das gilt insbesondere am Sonntagmorgen, wenn sich alle zum Gottesdienst versammeln und sich nahezu sämtliche Autos im Bereich vor der Kirche versammeln.
Rundgang durch L'Entre-Deux, einem der schönsten kreolischen Dörfer auf der Insel La Réunion.
Die Anfahrt erfolgt über die RN1 Saint-Louis - Saint-Pierre. Südlich von Saint-Louis bzw. südlich vom Riviere Saint-Etienne auf die D26 abfahren und der Beschilderung hoch nach L'Entre-Deux folgen.
Ausgangspunkt | Office de Tourisme nahe der D26 |
Koordinaten | S 21.2504, E 55.4692 (Tourist-Info) S 21.2496, E 55.4718 (Parkplatz bei Kirche) |
Gehzeit | 1 Stunde |
Distanz | 1,5 km |
Anstiege | unerheblich |
Grad | T1 |
Einkehr | es gibt mehrere Cafés und Restaurants im Ort Entre-Deux sowie auch zumindest einen kleinen Laden, bei dem man sich mit Getränken und Snacks versorgen kann. |
gps-Daten | Rundgang Entre Deux gpx |
kml-Daten | Rundgang Entre Deux kml |
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