Gyeongbokgung und der Hanbok

Im Palast der Strahlenden Glückseligkeit

Südkorea gehört zu den Ländern, bei denen man sich erst einmal an die vielen seltsamen Namen von Städten und Gebäuden gewöhnen muss. Nachdem uns bei einer Rundreise durch Sri Lanka so schöne Namen wie Polonnaruwa, Habaraduwa oder Ambalangoda begegneten, muss sich unsere Zunge auch hier in ungewohnten Verrenkungen üben. Für Seoul haben wir uns mehrere Paläste zur Besichtigung ausgesucht. Wir beginnen mit dem Gyeongbokgung, dem ersten und zugleich größten der fünf Paläste aus der Joseon-Dynastie.

U-Bahn fahren in Seoul

Doch zuerst lernen wir die U-Bahn von Seoul kennen. Die Station Sinchon ist ganz in der Nähe vom Hotel. Dort stehen ein paar wenige Fahrkartenautomaten. Wer hat, kann seine Cashbee Card aus den 7-Eleven-Läden mit Guthaben aufladen. Es sind aber auch Einzelfahrkarten lösbar. Der Automat funktioniert auf Englisch, was natürlich hilfreich ist. Auch die Fahrpläne und Namen der Stationen sind sowohl auf Hangul als auch in unserer Schrift verfügbar. Kurzum: U-Bahn fahren in Seoul ist kinderleicht. Vorausgesetzt natürlich, man weiß, wo man hinwill. Durch eine Schulklasse gestaltet sich unser Debüt angenehm einfach. Denn auch sie haben den Gyeongbokgung Palast als Ziel. Für das Einzelticket wird ein Pfand hinterlegt, den man sich im Anschluss der Fahrt bei einem der Abgabeautomaten erstatten lassen kann.

Durch den Ausgang Nr. 5 der Gyeongbokgung Station kommen wir direkt ins vordere Palastgelände und stehen vor dem Palastmuseum. Von der Ferne dringen Trommelschläge zu uns herüber. Punkt 9 Uhr findet die Öffnung der Tore durch Soldaten statt. So kommen wir gerade rechtzeitig zur Parade der Soldaten, die täglich nach einer exakt festgelegten Choreografie abläuft. Die Protagonisten sind dabei in bunten Uniformen aus der Joeson Dynastie gekleidet. Für die Zeremonie wird ein weitläufiger Teil vom Platz zwischen dem Südtor und dem Tor Heungneyemun abgetrennt. So drängen sich die Besucher dicht an dicht entlang der Absperrung. Hie und da finden sich bei unserer Ankunft aber noch Lücken. Somit nehmen wir zunächst Kurs auf den Ticketschalter, um nachher ein Anstehen zu vermeiden. Von der Parade bekommen wir trotzdem genug mit.

Edle und weniger edle Hanbok im Palast Gyeongbokgung

Das Heungneyemun Tor führt auf das eigentliche Palastgelände. Auffallend sind hier etliche im Hanbok gekleideten Koreaner. Die traditionelle koreanische Tracht geht auf das 13. Jahrhundert zurück und stammt aus der Zeit der Mongolenherrschaft. Die Tracht der Männer ist schlicht. Sie tragen weite, an den Knöcheln gebundene Pumphosen, dazu eine knielange Jacke. Einiges aufwendiger ist die Damentracht, die aus mehreren Schichten besteht. Über einem weiten Reifrock wird der prächtige Überrock unter der Brust gebunden. Ein kurzer Bolero wird mit einer großen Schleife ebenfalls gebunden. Komplettiert wird das Ganze mit einem passenden Handtäschchen und akkurat verziertem Haar. Bei den Koreanerinnen sieht es wirklich hübsch aus.

Leider laufen inzwischen auch viele Touristen in einem Hanbok durch den Palast. Wer mag, kann sich für eine Handvoll Euro ein einfaches Gewand in den Verleihgeschäften rund um den Palast für zwei Stunden ausleihen. Doch während ein original Hanbok aus Seide oder Ramie gefertigt wird, bestehen die Billig-Hanbok aus Kunstfaser. Dies ist auch deutlich zu sehen. Ein dementsprechend albernes Bild geben die Touristen darin ab. Es ist ungefähr so, als wenn die Chinesen bei uns mit Bollenhut durch den Schwarzwald laufen. Auch wenn wir mit einem Hanbok umsonst in den Palast gekommen wären, verzichten wir darauf und halten uns an die Frauen mit den edleren Gewändern. Die Koreanerinnen sind stolz auf ihren Hanbok und lassen sich damit gerne fotografieren. Das ist doch schön.

Geunjeongjeon und etliche andere Hallen des Gyeongbokgung

Nachdem wir einige Tore durchquert haben, erreichen wir den Geunjeongjeon, die Thronhalle des Gyeongbokgung. Wörtlich übersetzt bedeutet der Name »fleißiges Regieren«. Denn genau das war der Anspruch an jeden einzelnen Joseon-Herrscher und seiner Regierung: ein fleißiger Umgang mit staatlichen Angelegenheiten. Die auf einem Podest errichtete Halle bildet das prächtigste Bauwerk der Palastanlage. Sie symbolisiert die Souveränität des Herrschers und diente als Ort für königliche Veranstaltungen wie Krönungszeremonien und Kabinettssitzungen sowie für den Empfang ausländischer Gesandter.

Der eigentliche Verwaltungsbereich liegt außerhalb der Thronhallen-Ummauerung. Gearbeitet wurde in Gebäuden mit fantasievollen Namen wie Zehntausend-Frühlings-Halle, Tausend-Herbst-Halle und Halle der Gedankenvollen Regierung. Während die Thronhalle und die darum liegenden Regierungshallen von Besuchern schon bald überrannt werden, verziehen wir uns zum Gyeonghoeru, dem Pavillon der Glücklichen Begegnung. Die ehemalige Fest- und Banketthalle wird von einem schönen Teich malerisch umrahmt. Dieser diente als Quelle der Inspiration. Weil man aber auch in Korea pragmatisch ist, war er gleichzeitig der Löschwasserteich der Palastanlage.

Palastgeschichte im Schatten der Bäume

Im Schatten unter den Bäumen am Teich ist es beschaulich ruhig. Wir gönnen uns eine Auszeit und blicken auf den Bukaksan im Hintergrund. »Da laufen wir nachher hoch«, erkläre ich Lars mein heutiges Programm. »Ja ja, Späßle g'macht«, entgegnet er. Vielleicht verrate ich ihm später, dass ich es durchaus ernst gemeint habe. Ich lese ihm erst einmal die Geschichte des Gyeongbokgung aus dem Reiseführer vor. Demnach wurde Palast 1395 als Hauptpalast der Joseon-Dynastie gegründet. Der neokonfuzianische Gelehrte Jeong Do-jeon gab dem Palast seinen Namen, der wörtlich »Brillanz« und »Glück« bedeutet. Dieses Glück endete 1592, als die Japaner den Palast niederbrannten. Bis zu den Restaurierungsarbeiten lag dieser über 270 Jahre in Trümmern. Nach vielen Höhen und Tiefen startete die eigentliche Wiederherstellung im Jahr 1990, zeitgleich mit dem Abriss des alten japanischen Generalregierungsgebäudes auf dem Palastgelände.

Der grausame Tod der Königin Myeongseong

Wie wir der Geschichte entnehmen, ist die Anlage frei von historischen Gebäuden. Es sind alles Nachbauten. Darin mag wohl auch der Grund liegen, weshalb die Bauwerke zwar schön gestaltet, aber innen meistens leer stehen und entsprechend schnell abgehandelt sind. Das gilt auch für den Geoncheonggung Palast, ganz im Norden der Anlage. Es war einst der Wohnpalast des Königs Gojong und seiner Frau Königin Myeongseong. Am 8. Oktober 1895 drangen japanische Soldaten und koreanische Kollaborateure in den Palast ein, töteten die Königin, übergossen ihren Leichnam mit Benzin und verbrannten ihre sterblichen Überreste. Angst vor der Ermordung hatte die Königin längst. So nächtigte sie abwechselnd in verschiedenen Schlafzimmern. Allerdings traute sie die Tat eher ihren Bediensteten zu, welche sie angeblich durchweg schlecht behandelt hatte. Doch ihre Einflussnahme auf den König und die Regierung sowie ihre anti-japanische Haltung hatten ihr die offenbar schlimmeren Feinde beschert.

Nach einem Abstecher in die sehenswerte Bibliothek kehren wir durch den prächtigen Garten und den Hof des Geunjeongjeon zurück in Richtung Palastmuseum. Irgendwie staut es sich dort gerade bei dem relativ engen Ausgang in der Palastmauer. Wir schauen uns um und entdecken den Eingang zum Museumscafé. Bei einem leckeren Milchkaffee kann ich meinem Mann sicherlich sagen, dass unser nächster Programmpunkt tatsächlich der Gipfel hoch über dem Palast sein wird. Er wird es verkraften.

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