Eine Bootstour durch die Inselwelt des Hallyeo Meeresnationalparks streichen wir aus unseren Plänen. Das Wetter ist zu unbeständig und der Ausflug scheint zu kompliziert. Ganz in der Nähe vom Bella Guesthouse befindet sich jedoch eine Seilbahn, die bis knapp unter dem Gipfel des Mireuksan fährt. Unser Gastgeber blickt uns ungläubig an, als wir erzählen, dass wir zur Talstation laufen wollen. Für uns geben die 1200 Meter bis zur Talstation keinen Anlass, das Auto zu nutzen. Sein Argument ist der gut angelegte Parkplatz der Station. Wandern ist der Nationalsport der Koreaner. Aber dazu brauchen sie Wanderwege und keine Straßen. Wir indes gönnen uns gerne den Spaziergang durch das Dorf und finden auch zu Fuß gut zur Seilbahn.
Schön, dass es dort einen Informationsschalter gibt. Da bekommen wir sicherlich eine Wanderkarte für die Gipfelgegend? Oder auch nicht? Etwas verdutzt, weil plötzlich Europäer vor ihr stehen, stammelt die Frau hinterm Schalter: »don't speak english«. Das schreckt uns schon lange nicht mehr. So gut es geht, erklärt sie uns dann doch, dass wir sicherlich wieder herunter finden werden. Wer hätte das gedacht? Wir sind optimistisch und lösen die Tickets nur für eine einfache Fahrt hoch auf den Berg. Wenig später erkennen wir, warum im Vorhof der Gondelbahn so viele Leute locker verteilt stehen. Hier wird nach Nummern hinauf gefahren. So entsteht erst gar kein Gedränge am Eingang. Auch lässt sich gut einschätzen, ob es sich lohnt, auszuharren, bis man an der Reihe ist. Oder ob die Zeit reicht, um zuvor einen Kaffee trinken zu gehen.
Durch unsere frühe Ankunft hält sich die Wartezeit in Grenzen. Zusammen mit einer koreanischen Familie tingeln wir langsam den Berg hinauf. Leider hat sich inzwischen der Himmel mit Wolken zugezogen. Über den Inseln des Hallyeo hängt dichter Dunst und die Aussicht ist eher mau. Zudem stampft ausgerechnet bei unserer Ankunft eine lautstarke Schülertruppe in Richtung Gipfel. Es ist wohl Zeit für den ersten Milchkaffee des Tages. Die Familie, welche mit uns die Gondel geteilt hat, sitzt bereits im Restaurant und wartet ebenfalls auf besseres Wetter.
An sich ist der Mireuksan gut ausgeschildert, auch mit englischen Angaben. Einzig mit der ausgehängten Wanderkarte können wir wenig anfangen. Der Kartenausschnitt konzentriert sich auf die Gipfelregion. Am Rand sind aber auch mehrere Wege verzeichnet, die hinunter an die Küste führen. Doch wohin? Wir lassen uns überraschen und spazieren zuerst zum Sinseondae View Point. Auf dem Weg dorthin kommt uns die Schulklasse entgegen, welche zurück zur Bergstation läuft. Somit wird oben Platz sein.
Wunderschöne Stege und Treppen machen es dem Wanderer leicht, die Gipfelregion des Mireuksan zu erklimmen. Teilweise verlaufen diese in zwei Bahnen für den Auf- und Abstieg. Es ist ein sicheres Indiz dafür, dass hier oben richtig viel los sein kann. Bei unserem Ausflug ist es zum Glück ruhig und übersichtlich, was wohl dem Wetter geschuldet ist. Dadurch bleibt uns aber auch mehr Zeit, um die gesamte Einrichtung zu genießen. Hier und da finden sich kleine Nischen mit extra eingerichteten Fotopoints. Diese überraschen uns mal mit steinernen Herzen im Hintergrund, mal mit dem Nachbau eines Schildkrötenschiffes aus Granit. Sogar die Gondelbahn wurde als Modell auf dem Hang nachgebaut.
Am Sinseondae View Point selbst stellt eine Karte den Verlauf der Seeschlacht von Hansando dar. Trotz des Nebels ist zu erkennen, wie vorteilhaft der Insel-Wirrwarr des Hallyeo für die Truppen des Admiral Yi Sun-sin war, welche hier gegen die japanischen Invasoren kämpften. Eine Orientierungsscheibe zeigt uns die Richtungen der Städte Kairo, Rom, Paris oder Moskau, wie auch Peking und Shanghai an. Die angegebenen Richtungen können wir nicht ganz nachvollziehen. So laufen wir lieber weiter hinauf zum Gipfel des Mireuksan, bevor wir die Orientierung komplett verlieren.
Der Gipfel des Mireuksan ist schnell erreicht. Drum herum verteilen sich mehrere Picknickplätze. Und wer hätte das gedacht? Natürlich sind diese gut besucht. Denn wer auf einen Gipfel wandert, der muss auch ordentlich vespern. Mit gerade mal 461 Meter Höhe bildet der Mireuksan wohl nur ein Gipfelchen. Dafür ist er herrlich von dichtem Wald umgeben und punktet mit seinem 360-Grad-Blick über die Bucht von Tongyeong und dem Hallyeo Meeresnationalpark. Außerdem finden wir hier oben ein Schild, welches den Weg zum Yongwhasa Tempel weist. Dies müsste unser Abstieg sein und uns in die Nähe des Eingangs zum Unterwassertunnel führen.
Massive Holztreppen bringen uns zumindest mal weg von der Gipfelgegend des Mireuksan. Dann aber endet die gute Weggestaltung abrupt. Der weitere Abstieg ist steil, geröll-lastig und so gar nicht schön zum Laufen. Außerdem irritiert uns die Gondelbahn, die wir irgendwann kreuzen, sodass wir uns auf der vermeintlich falschen Seite des Berges wähnen. Schließlich trifft der unbequeme Schotterweg auf zwei schöne Waldwege. Das Wegkreuz ist sogar beschildert, wenn auch nur auf Koreanisch. Doch wir haben Glück und treffen vor Ort zwei Frauen an, die hier gerade Rast machen. Der Weg, der mit 200 Meter beschriftet ist, soll zum Tempel führen.
Der Tempel selbst ist noch ein ganzes Stück weit weg. Dafür erreichen wir eine Art Rastplatz mit Fitnessparcours und einem Toilettenhäuschen mitten im Wald. Das ist typisch für die Koreaner. Wenn man sich schon verläuft, so findet man wenigstens ein Klo. Doch wir sind richtig. Ein breiter Forstweg führt uns nach gut einem Kilometer direkt zum Yongwhasa Tempel. Die Anlage ist größer als erwartet, wirkt ansonsten allerdings verwaist. Irgendjemand scheint hier aber zu wohnen oder zumindest zugegen zu sein. Vor manch einem der Eingänge stehen Schuhe.
Über eine Straße gelangen wir schließlich hinunter in den Ort. Am Waldrand passieren wir den unteren Teil der Tempelanlage. Schnurstracks geht es fortan entlang der Straße bis zur nächsten Kreuzung. Gut einen Kilometer ab dem Waldrand stehen wir vor der Boulangerie Paris Baguette. Nach der Tour sind wir natürlich hungrig. Bei unserem zweiten Besuch der Filiale steht ein junger Mann hinter der Bedientheke. Er ist freundlicher als seine Kollegin am Vortag und macht uns bereitwillig einen Milchkaffee. Welch ein netter Abschluss einer Wanderung, die einige schöne Überraschungen mit sich brachte.
Von Tongyeoung aus fahren wir über die Chungmugyo Brücke zur Insel Mireukdo. Am einfachsten ist es, geradeaus, auf der Donam-ro zu bleiben, bis diese endet. Am Ende die Küstenstraße rechts nehmen. Kurz darauf kommt die Einfahrt zum Parkplatz der Tongyeoung Cablecar.
Ausgangspunkt | Parkplatz Tongyeoung Cablecar |
Koordinaten | N 34.8264, E 128.42544 |
Gehzeit | Halbtagestour, reine Gehzeit 2 Stunden |
Distanz | 4 km von der Gipfelstation zurück an den Tongyeoung Unterwassertunnel |
Anstiege | ca. 55 Meter Anstieg bis zum Gipfel 416 Meter Abstieg bis nach Tongyeong |
Anforderungen | T3, bis zum Gipfel ist alles leicht. Orientierung und Trittsicherheit benötigt es beim Abstieg. Ab dem Rastplatz mit Fitnessparcours wieder ganz leicht. |
Einkehr | Bergstation Mireuksan |
GPS-Daten | Wanderung Mireuksan gpx |
kml-Daten | Wanderung Mireuksan kml |