Die Abtei Saint Pierre von Moissac

und die schönste Benediktiner-Abtei Frankreichs

In der Nacht beginnt es zu regnen. Einfach so! Es fühlt sich für uns seltsam an. Wenn bei uns im Südschwarzwald Temperaturen über 30°C herrschen, kühlt es sich mit einem heftigen Gewitter deutlich ab. Doch im Tal des Le Célé beginnt es einfach nur zu regnen. Komische Sache. Wir haben bereits am Vorabend im Hotel des Grottes ausgecheckt und sind im Morgengrauen unterwegs nach Moissac.

Bei unserer Ankunft ist der Regen in ein Nieseln übergegangen. Toll. Wir haben Klamotten für drei Wochen inklusive etwas Proviant und Schnickschnack fürs Boot im Auto untergebracht, aber keinen Platz für einen Regenschirm gefunden. Dafür aber finden wir auf Anhieb einen kostenlosen Parkplatz am Bahnhof und trennt und nur ein kurzer Fußweg über die Gleise von der Abtei Saint Pierre.

Es gibt einen Spruch in der Gegend der besagt: »Qui n'a pas vu le portail de Moissac, celui-là n'a rien vu!« - Wer das Portal von Moissac nicht gesehen hat, hat nichts gesehen. Ob dies so stimmt, darf jeder für sich selbst entscheiden. Doch nach Moissac kommt tatsächlich nur,

wer sich für die Abtei Saint Pierre mit ihrem romanischen Stufenportal und den Kreuzgang interessiert. Dies gilt für Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela, wie auch für Kulturinteressierte, zu denen wir uns zählen. Immerhin soll die Abtei Saint Pierre die schönste Benediktiner-Abtei Frankreichs sein.

Der Überlieferung nach wurde die Abtei vom fränkischen König Chlodwig I. persönlich gegründet, am Tag nach seinem Sieg gegen die Westgoten im Jahr 506. Triumphierend markierte er mit einem Speer die Stelle, an der Tausende Mönche in Erinnerung an Tausende seiner gefallenen Krieger leben sollten.

Doch an diese ferne Epoche erinnern lediglich Legenden und traurige Geschichten der Zerstörung. Der Bischof Didier von Cahors veranlasste im 7. Jahrhundert den Neubau der Abtei, welche aber ebenfalls wiederholt zerstört wurde.

Im 11. und 12. Jahrhundert hatte die Abtei von Moissac ihr goldenes Zeitalter. Aus dieser Zeit stammen das Kloster, die Abteikirche mit ihrem Portal, das Tympanon und die romanischen Skulpturen. Der Blütezeit folgte 1212 ein jähes Ende, als die Abtei Opfer bei der Jagd nach Andersgläubigen wurde.

Simon de Montforts Truppen zündeten während der Albigenserkreuzzüge die Kirche an und zerstörten Teile des Kreuzgangs. Trotz des Wiederaufbaus erlangte das Kloster nie wieder seine frühere Bedeutung. Die Französische Revolution bereitete der fast tausend Jahre bestehenden Ordensgemeinschaft dann ein endgültiges Ende.

1847 wurde die Abtei zum historischen Denkmal erklärt. Unglücklicherweise zu spät um zu verhindern, dass die Eisenbahnlinie Bordeaux-Sète über das heilige Grundstück geführt und das Refektorium für immer zerstört wurde.

Die Schienen trennen seitdem den Südteil vom Nordteil der Abtei. Dennoch können wir auch heute noch das Kloster mit dem Kreuzgang und den dazugehörigen Kapellen sowie die Abteikirche mit ihrem Tympanon und den Abteiunterkünften erkunden.

Am eindrucksvollsten empfinden wir den Kreuzgang. 76 Kapitelle sind mit biblischen Szenen verziert, die alle Zeitalter der Menschheitsgeschichte darstellen. Sie sind in Kalkstein gemeißelt und sitzen auf Marmorsäulen. Wir stehen hier im ältesten Kreuzgang des christlichen Abendlandes aus dem Jahre 1100.

Da packt auch Lars ein klein wenig die Ehrfurcht. Etwas verwundert ist er darüber, dass er sich hier alleine unter Frauen befindet. Die Männer sind wohl noch beim Frühstücken in den vielen netten Cafés rund um die Abtei. Eine gute Idee, der auch wir uns gerne anschließen, als am Ende unseres Rundgangs eine lärmende Schulklasse in die Abtei dringt.

Kommentare und Rückmeldungen