Brownstonehäuser im Greenwich Village

im kulturellen Viertel der Künstler und Intellektuellen

Der Morgen nach der Freiheitsstatue auf Liberty Island beginnt trüb bis regnerisch. Wir harren im Hotel aus und hoffen auf einen baldigem Abzug der Regenwolken. Zur Mittagszeit wagen wir es schließlich und fahren wieder rüber nach Manhattan. Wir sind zuversichtlich. Denn es ist zumindest möglich, ohne Schirm trocken zur Path Station zu laufen. Dafür fegt der Wind stürmisch um die Häuser – und uns um die Ohren.

Die U-Bahn-Fahrt ist nur kurz, da wir gleich gegenüber das Greenwich Village besichtigen wollen. Die Christopher Street Station kennen wir ja schon von unserem Start nach Lower Manhattan. Allerdings mit dem Unterschied, dass es uns heute fast wieder zurück in die Station weht und es draußen nur so schüttet, sprich: es Katzen und Hunde regnet.

Bereits an unserem ersten Tag in New York ist mir um die Ecke ein nettes Café aufgefallen. Da das Frühstück erneut kaum der Rede wert war, können wir ja gleich zum Mittagessen übergehen. Denn dafür eignet sich das Sweet Life Cafe in der Christopher Street bestens. Wie die belgische Kette »Le Pain Quotidien« hat es eine leicht französische Aufmachung. Doch die Karte bietet auch verschiedene Varianten an Burgern.

Ich wähle den griechischen und der ist richtig lecker. Auch Lars und Rita sind zufrieden. Es ist also perfekt. Wir nehmen noch einen Kaffee und freuen uns über ordentliche Tassen. Pappbecher nehmen in New York leider überhand. Das Sweet Life Cafe indes beweist Sinn für guten Geschmack und die Umwelt. Zuletzt überrascht uns die Rechnung angenehm. Offenbar geht New York auch preiswert.

Emanzipationsbewegung im Stonewall Inn

Gestärkt nach dem Lunch starten wir bei noch leichtem Nieselregen in die Gassen von Greenwich Village. Der Stadtteil war bereits vor der Bebauung des restlichen Manhattans besiedelt. Hier sind die Straßen weder rasterförmig angelegt, noch durchnummeriert. Die alten Straßen haben ihre Namen behalten, beschreiben Kurven und schneiden sich hier und da. An mehreren Schnittpunkten sind kleine Parks zu finden. Zu den bekannteren zählt der Christopher Park. 1969 startete im Stonewall Inn die Emanzipationsbewegung der Schwulen. Nach einer diskriminierenden Routineüberprüfung des Lokals tobte hier eine dreitägige Straßenschlacht. Die Schwulen setzten sich durch und etablierten rund um das Stonewall Inn herum die berühmteste Schwulenenklave der Welt. Im Park befinden sich seit den 1990er Jahren Statuen zweier gleichgeschlechtlicher Paare. Das Gay Liberation Monument dient als Demonstration für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgendern.

Dabei war Greenwich Village einst ein vornehmer Wohnbezirk. Dies änderte sich, als in Downtown eine Gelbfieberepidemie ausbrach. Die Vertriebenen zogen in diesen Bezirk und mit ihnen jede Menge Alternativkulturen. Greenwich Village wandelte sich binnen weniger Jahre zum kulturellen Viertel der Künstler und Intellektuellen. Bis heute ist es dies – zumindest optisch – geblieben.

Die schönen Brownstonehäuser wirken in ihren grün bewachsenen Straßen fast dörflich. Die Bars und Restaurants sind urig und kultig, teilweise schon gruselig. Hier wird dem Protest jeglicher Art Ausdruck verliehen. Und sei es in Form einer schlichten Straßenmalerei gegen einen »sehr-sehr superlativen« Präsidenten.

Washington Square Park

und trübe Sicht vom Pier 45

Der Washington Square Park gilt als das Herz von Greenwich Village. Der Washington Arch ist bereits in Sichtweite unseres Spazierwegs durch das Viertel. Zuvor gönnen wir uns jedoch einen Abstecher in den kleinen, attraktiven Willy's Garden.

Dieser ist umgeben von Gebäuden der New York University. Passend dazu wacht am Ende des Gartens eine Statue des spanischen Schriftstellers Miguel de Cervantes über die nähere Umgebung. Ein Geschenk des Bürgermeisters von Madrid aus dem Jahre 1724.

Nach Vorbild des Arc de Triomphe in Paris ist der Washington Arch durch den Architekten Stanford White entstanden. Dessen Nordseite zieren zwei Statuen von Washington. Eine zeigt ihn als General zu Kriegszeiten, die andere als Präsident in Friedenszeiten.

Der Triumphbogen aus weißem Marmor ersetzte den ursprünglichen Holzbogen, welcher zum hundertjährigen Jubiläum von Georg Washingtons Ernennung zum ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten erstellt wurde.

Normalerweise ist der Washington Square Park ein beliebter Treffpunkt der New Yorker Familien, Studenten, Hundefreunde und Künstler. Um die zentralen Brunnen werden Picknicks veranstaltet und Akrobaten beobachtet. Bei unserem Besuch sieht das etwas anders aus.

Bei trübem Wetter treffen wir gerade mal auf eine Frau, welche unter ihrem Schirm die Tauben und Grauhörnchen füttert. Die restlichen Passanten queren den Platz schnellen Schrittes und hoffen wohl auch auf baldigen Sonnenschein.

Dabei kann auch der Washington Square Park auf eine düsterere Vergangenheit zurückblicken. Ursprünglich als Friedhof angelegt, mauserte sich der Park bald zum Duellierplatz und Hinrichtungsstätte. In den 1820er Jahren befand sich hier der Exerzierplatz für militärische Paraden.

Erst später zog es den Geldadel in die Umgebung des Washington Square und im 19. Jahrhundert ließen sich schließlich Schriftsteller wie Edgar Allen Poe, Mark Twain und Henry James in den Straßen um den Park inspirieren.

Da es sich durch den Regen kaum lohnt, länger am Washington Square Park zu verweilen, spazieren wir bald weiter zum Hudson River. Hier lädt der frisch renovierte Pier 45 zum Erholen ein und bietet einen herrlichen Blick nach Newport Jersey City. Vorausgesetzt natürlich, die andere Seite ist zu sehen.

So bleibt uns die Aussicht vergönnt, während auch der Pier eher trübselig wirkt. Zeit also für einen Kaffee. Hier in der Nähe müsste sich die Magnolia Bakery befinden. Berühmt durch die Serie Sex and the City, ist dieser vielleicht auch ein nettes Café angeschlossen? Also nichts wie hin!

Kaffeepause im Le Pain Quotidien

Vor Ort folgt die Ernüchterung. Trotz der weltbekannten Serie ist die Magnolia Bakery bis heute eine reine Pâtisserie geblieben, welche hübsche Cupcakes herstellt. Alles ist zum Mitnehmen, auch der Kaffee und der wird natürlich in Pappbechern ausgeschenkt … Bei schönem Wetter wäre dies vielleicht nett. Dann hätten wir damit zum Pier 45 gehen können. So aber schenken wir uns das Probieren und suchen lieber ein gemütliches Café. Einen Augenblick später werden wir an der Ecke Hudson-Perry Street fündig. Es ist eine Filiale des »Le Pain Quotidien«, ein Bio-Bäcker mit leckeren süßen Stückchen und gut gemeinten Ernährungstipps: »Der Schlüssel zum gesunden Essen? Vermeide Lebensmittel aus der TV-Werbung.« So einfach ist bringt es »Das tägliche Brot« auf den Punkt.

Extratour durch Greenwich Village

Eine Woche im Big Apple neigt sich ihrem Ende zu. Es ist der letzte Tag unserer Städtereise in New York, der »Stadt der Städte«. Die Sonne scheint. Damit nutzen wir abermals die U-Bahnen Path und Subway für die Fahrt nach Manhattan und eine Extratour durch das berühmte Stadtviertel. Sowie wir den Hudson River unterquert haben, steigen wir bei der Christopher Street Station auch schon wieder aus. Denn im Greenwich Village gibt es noch einiges zu sehen. Außerdem hat es uns im Sweet Life Café so gut gefallen, dass wir uns dort erst einmal ein ordentliches Frühstück gönnen. Wir sind pünktlich. Denn samstags gehen auch New Yorker Familien gerne frühstücken. Soll heißen: Kaum sitzen wir am Tisch, sind alle Plätze in dem winzigen Café auch schon belegt. Wer nach uns kommt, muss sich in Geduld üben oder sich mit den weniger stilvollen To-Go-Produkten begnügen.

Gut gestärkt schlendern wir anschließend durch die Hudson Steet. Ihr Name geht auf den drei Häuserblöcke entfernten Fluss zurück, dessen Ufer einst genau hier verlief. Trockenen Fußes geht es in die idyllischen Gassen der Barrow- und Commerce Street.

Inmitten der hübschen Brownstonehäuser stoßen wir an der Ecke zur Bedford Street auf das schmalste Haus New Yorks. Es misst gerade mal eine Breite von 2,90 Meter. Da es einen ehemaligen Häuserdurchgang zu den früheren Stallungen füllt, ist es dafür zumindest 9,10 Meter lang.

Einen Steinwurf weiter wird es in der Bleecker Street Italienisch. Hier warten Eisdielen, Restaurants und Delikatessenläden auf Kundschaft. Darunter findet sich ein richtig guter Käseladen, der Murray's Cheese, der seit dem Jahr 1940 italienische, spanische und französische Käsesorten anbietet. Dazu gibt es natürlich passende Tête de Moine-Käsehobel und Caquelons für Käsefondue. Die Preise sind eher gehoben und dürften durch Zöllen auf europäische Waren auf weiter deutlich oberhalb der bei uns üblichen Preise bleiben. Doch der Laden boomt seit Jahrzehnten und es macht nicht den Anschein, als wenn sich dies so bald ändern sollte. In New York City weiß man offenbar europäische Esskulturen zu schätzen. Zumindest können sich genügend New Yorker auch einen tieferen Griff ins Portemonnaie leisten.

Am Father Demo Square vorbei gelangen wir in die düstere Gegend rund um die Minetta Street. Hier wurde das internationale Monatsmagazin und spätere Marke Reader's Digest gegründet, für die auch Lars die Texte zu einem Bildband für den Schwarzwald verfasst hat.

In früheren Jahren trafen sich in den umliegenden Wirtsstuben literarische Größen wie Ernest Hemingway (wer auch sonst) und wurde im Jahr 1966 Jimi Hendrix entdeckt. Passend zu den hier gedrehten Gangsterfilmen wurde außerdem so manch Besitzer wegen Führen eines Drogenrings verhaftet.

Karte zum Spaziergang durch Greenwich Village

Bei Anfahrt von New Jersey am besten mit der Path bis zur Christopher Street Station. Alternativ weiterfahren bis zur 9th Street Station am Jefferson Market Garden. Als Endpunkt haben wir ebenfalls die Christopher Street Station gewählt.

AusgangspunktChristopher Street Station
KoordinatenN 40.7329, W 74.0078
Gehzeit2 Stunden
Distanz5,1 km
Anstiegeunbedeutend
GradT1
Einkehrentlang des Spazierwegs sowie auch in ganz Greenwich Village gibt es reichlich Gastronomie
GPS-DatenSpaziergang-Greenwich-Village.gpx
kml-DatenSpaziergang-Greenwich-Village.kml

Höhenprofil

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