Wenige Kilometer, bevor wir Swakopmund erreichen, halten wir bei einem der Wahrzeichen der Stadt: ein (rekonstruierter) alter Dampftraktor. Einst sollte das gute und damals ach so teure Stück wertvolle Arbeit für die Kolonialherren verrichten.
Nachdem er mühevoll von Walvis Bay nach Swakopmund gebracht worden war, leistete der 280 Zentner schwere Traktor jedoch nur wenige Fahrten Arbeit, verschlang zugleich riesige Mengen an Wasser und brach schließlich zusammen.
Glauben wir unserem Reiseleiter, so sollte der Dampftraktor nach Windhoek gebracht werden. Weil es die Zugtiere und Afrikaner allerdings nicht schafften, den tonnenschweren Koloss schnell genug durch den Sand zu ziehen, startete man zur Unterstützung die Dampfmaschine. Ein Fehler!
Denn das Schnaufen und Krachen soll die Einheimischen in die Flucht getrieben haben.
Welche Geschichte stimmt, wissen wir nicht. Sicher aber ist, dass der Traktor an der Stelle stehen und seinem Schicksal überlassen wurde, was ihm den Beinamen »Martin Luther« einbrachte: Hier stehe ich, Gott helfe mir, ich kann nicht anders.
Wenig später erreichen wir Swakopmund. Bevor wir zum Hotel kommen, zeigt uns Sydney die Stadt vom Bus aus und gibt uns einen Überblick über die Sehenswürdigkeiten und die wichtigsten Straßen. Zugleich verspricht er, dass es hier kaum möglich sei, sich zu verlaufen.
Und tatsächlich: blickt man zur einen Seite, sieht man das Meer, dreht man sich um, sind es nur wenige Meter bis zur Wüste und schauen wir nach Süden, sehen wir auch dort den Ortsausgang.
Aufpassen sollen wir jedoch in einer Straße nahe der Jetty. Da nämlich sind vor ein paar Jahren mal ein paar Urlauber ausgeraubt worden. Am Tag sei es kein Problem, aber in der Dunkelheit könne es sein, dass wir belästigt werden. Wie, nur eine Straße, die auch nur nachts etwas unsicher ist?
Das wünschen wir uns doch für so manch andere Stadt. Andererseits allerdings gleichen viele der Häuser kleinen Hochburgen. So müssen wir am nächsten Morgen bei den Geschäften klingeln, bevor uns die Gitter vorm Eingang geöffnet werden. Zunächst aber geht es ins Hotel.
Einst war das Swakopmund-Hotel der Bahnhof der aufstrebenden, deutschen Kolonialstadt. Da die Namibier jedoch nur selten mit dem Zug fahren, wurde der Bahnhof später zu einem Hotel umgebaut. So gesehen, übernachten wir in der Bahnhofsmission.
Und was für eine! Gilt das Hotel doch längst als die beste Adresse in dem Seebad. Schön finden wir dabei, dass die Flügel und der Trakt mit den meisten Zimmern im Stil des alten Bahnhofsgebäudes errichtet wurden.
Auch schön finden wir den Pool. Er ist zwar am ersten Abend wegen Malerarbeiten gesperrt und am zweiten Tag zu kühl für ein Bad, dem Innenhof aber verleiht er eine angenehme Stimmung. Ein paar Schritte weiter lädt das Restaurant zum Verweilen ein.
Es bietet recht vielen Gästen Platz, ist aber zugleich verwinkelt, sodass wir uns nicht wie in einem riesigen Schuppen vorkommen. Eigentlich wollten wir hier ja nicht essen. Aber da das Brauhaus am ersten Abend ausgebucht war, müssen wir hierher ausweichen.
Was mir nicht allzu schwer fällt. Denn die Auswahl am Büfett ist einfach genial. Neben einigen Sorten Fleisch gibt es jede Menge Fisch, Garnelen, Muscheln und Krebsfleisch, zig Sorten Gemüse und Beilagen sowie eine große Auswahl an leckeren Desserts und Obst.
Viele Sachen werden dabei direkt am Büfett zubereitet. Das dauert zwar ein paar Minuten, lohnen tut sich das Warten aber auf jeden Fall. Zudem brauchte es nur einen kleinen Hinweis, damit das Personal die etwas zu kühle Klimaanlage wärmer einstellte.
Einfach nur toll finden wir schließlich unser Zimmer. Oder ist es eine Suite? So genau lässt sich das nicht erkennen. Wohl aber steht eine Schale mit Obst, verschiedenen Pralinen, ein Glas mit Nüssen, eine kleine Flasche Rotwein und eine für unseren Geschmack nicht ganz so leckere, dafür aber interessante Auswahl an Dörrfleisch für uns bereit. Warum für uns beide nur ein Glas bereit steht und es von den einzelnen Sachen immer genau drei Sachen gibt? Keine Ahnung. Aber streiten müssen wir uns deswegen auch nicht.
Witzig ist, dass neben der Tür ins Hotel eine zweite Tür direkt in den Hof führt. Mit anderen Worten: es sind nur ganz wenige Schritte zum in den Garten, zum Frühstück und Abendessen.
Einzig einen Adapter für die Steckdose kriegen wir keinen. Erst später merken wir, dass wir den auch nicht brauchen. So reicht es, einfach ein wenig an der Steckdose neben dem Waschbecken herumzufummeln, um die Akkus aufladen zu können, während wir selbst uns in das gemütlich Bett kuscheln.
Am nächsten Morgen brechen wir früh auf, um Swakopmund zu Fuß zu erkunden. Vom Hotel gelangen wir durch die Schulstraße zur Poststraße. Nach links, Richtung Namib, kommen wir als erstes zur Evangelisch-Lutherischen Kirche. Wie viele andere Gebäude in der Stadt wurde der Bau im Jahr 1909 begonnen. 1912 war die Einweihung.
Zum Glück ist sie bis heute gut erhalten und offen. Im Innern empfängt uns eine ordentliche und zugleich schlichte Kircheneinrichtung. Auf Prunk setzt hier keiner. Wohl aber auf Ruhe während des Gottesdienstes. So gibt es gleich nach dem Eingang einen kleinen verglasten Raum, der für die Eltern mit kleinen Kindern gedacht ist.
Ebenfalls an der Poststraße befindet sich die Villa Wille (heute Hotel Eberwein), das älteste Hotel im Ort. Überhaupt ist das Deutsche Erbe in Swakopmund nicht zu übersehen. So kommen wir ein paar Schritte weiter zu einer Bäckerei, die mit feiner Konditorei und Konfiserie im Seebad wirbt.
Ein Glück für die Namibier. Denn auch wenn Südwestafrika eine Weile britische Kolonie war und später von Südafrika besetzt wurde, so konnte dies nicht die reiche Auswahl deutscher Backkunst verdrängen und gehören deutsche Meisterbriefe in den Bäckereien zum normalen Wandschmuck.
Am unteren Ende der Poststraße, in der Nähe des Leuchtturms und Andenkenmarktes befindet sich das Marinedenkmal. Es wurde 1909 enthüllt und erinnert an die Teilnehmer des Marinekorps, die während der Herero- und Nama-Aufstände zwischen 1904 und 1907 gefallen sind.
Interessant finden wir, dass die Männer ganz genau nach den verschiedenen Dienstgraden aufgelistet sind. Von den vielen Opfern der afrikanischen Stämme jedoch ist nichts zu lesen.
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