In der Ringbahn von Yangon

im gemächlichen Tempo um die alte Hauptstadt Burmas

Für den Mittag ist eine gemütliche Fahrt mit der Ringbahn von Yangon angesagt. Beim burmesischen Bogyoke Aung San Markt gibt es einen Bahnsteig, bei dem wir gleich nach der Pause zusteigen können. Dabei haben wir Glück, dass wir dort frühzeitig eintreffen. Ein Informant nennt uns nämlich die falsche Uhrzeit. Noch vor wenigen Jahren spielte dies keine so große Rolle.

Die Züge fuhren ohnehin meistens mit Verspätung. Inzwischen aber korrespondieren die Haltepläne mit den tatsächlichen Abfahrtszeiten der Züge. So kommt auch unser Zug schon langsam angefahren, als wir den Bahnsteig betreten. Also beeilt sich Htet Htet beim Kauf der Tickets und hopp, steigen wir auch schon in den nächstbesten Waggon.

Wanzen und andere Ungeziefer gehören der Vergangenheit an

Auch hier hat sich das Bild gegenüber früher geändert: als in den Waggons noch jegliche Lüftung fehlte, fuhren nur wenige Menschen mit. Und wer den Zug doch nahm, machte nur allzu oft Bekanntschaft mit Wanzen und anderem Ungeziefer, welches sich in den Sitzen eingenistet hatte. Die neueren Plastikbänke nehmen den Viechern den Lebensraum. Als Folge ist unser Waggon bereits gut gefüllt, sodass wir weit voneinander entfernt Platz nehmen müssen. Wer nach uns einsteigt, muss stehen.

Eine »Circle Line Train« im kolonialen Rangoon

Die Rundfahrt mit der Ringbahn ermöglicht gute Einblicke in den Alltag der Menschen von Yangon. Der britische Stadtplaner William Montgomerie hatte einst im kolonialen Rangoon die Idee eines »Circle Line Train«. Die meisten Bahnhöfe stammen noch aus der Kolonialzeit. 1954 – sechs Jahre nach der Unabhängigkeit Burmas – wurde dann auch die zweigleisige Ringbahn mit einer Länge von 46 Kilometern und 38 Haltestellen fertiggestellt.

Zehn Jahre später lieferte Deutschland 24 Lokomotiven an die burmesische Eisenbahn. Die inzwischen marode gewordenen Dieselloks verrichten auch heute noch ihren Dienst. Im Gegensatz zu früher lenken jedoch grell leuchtende Reklametafeln die Blicke auf sich. Sei es drum. Die Züge machen die Ringbahn noch immer zum meistgenutzten Verkehrsmittel der Stadt.

Die vorbeifahrende Landschaft und ein besonderer Fahrgast

Für die komplette Runde würden wir ungefähr drei Stunden brauchen. Denn die Züge fahren nur selten schneller als 20 km/h. Glauben wir einem Mitfahrendem, so hat sich auch dieser Umstand gegenüber früheren Jahren verbessert. Trotzdem fahren wir lieber nur einen Teil der Strecke. Bald schon sehen wir, dass wir Glück hatten, einen Platz ergattert zu haben. Denn im Gang stehend könnten wir zwar die Leute in der Ringbahn beobachten, hätten aber keinerlei Aussicht auf die vorbeifahrende Landschaft.

Doch es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, sodass bald jeder unserer Reisegruppe einen Platz gefunden oder es geschafft hat, sich in eine Lücke zwischen den Einheimischen zu quetschen. Als besonderer Fahrgast sitzt außerdem ein müder Polizist im hinteren Teil des letzten Waggons. Es soll den Fahrgästen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, döst aber eigentlich nur so vor sich hin.

Gekochter Mais und Wachteleier als Snacks in der Ringbahn

Ich sitze eine ganze Weile neben einer taubstummen Mutter und ihren Kindern. Es ist erstaunlich, wie sie sich in Gebärdensprache mit den anderen Passagieren unterhält. Zuerst denke ich, die gehören alle zusammen. Tun sie aber nicht. Trotzdem verstehen sie einander. Irgendwann kapiere ich schließlich, dass die Frau zum Betteln mit der Bahn fährt.

Dabei geht es weniger um Geld, als um Lebensmittel. Verkäufer bieten unterwegs Snacks, gekochten Mais und Wachteleier, Süßigkeiten, die Beteldroge und allerlei Krimskrams an. Nach und nach bekommt die Mutter immer mehr kleine Tütchen mit verschiedenstem Essen geschenkt.

Draußen passieren wir Betonsiedlungen, Wellblechdörfer, bunte Märkte, stinkende, zum Teil schwelende Müllhalden und dann wieder Reisfelder inmitten der Stadt. Auch ein Volleyballfeld schließt direkt an den Gleisen an. Von der angestrebten Modernisierung ist bei unserer Fahrt noch nichts zu erkennen.

Es ist schon ein nettes Erlebnis, mit dieser klappernden und langsam kriechenden Bahn durch die Stadt zu fahren. Dennoch sollte man sich davor hüten, zu arg in Romantik zu verfallen. Denn die Hinweisschilder in den Waggons geben auch Europäer klar zu erkennen, dass hier Küssen strengstens verboten ist.

Video zur Fahrt mit der Ringbahn von Yangon

Fahrt mit der alten Ringbahn von Yangon. Eindrücke von den Vierteln und wenigen Landschaft entlang der Ringbahn.

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