Nach den Tagen bei Tofino führt unsere Rundreise über den Cathedrale Grove in den Norden von Vancouver Island. Nachdem mir eine, wenn ich Annette glauben darf, bildschöne Kanadierin in Ucluelet beibringt, wie man in Kanada tankt, verlassen wir die Westküste von Vancouver Island. Warum ich Annette glauben muss? Nun, ich hatte irgendwie nur Augen für die Zapfsäule. Ich bin mir durchaus bewusst, dass das jetzt sehr unglaubwürdig klingt. Zu meinem eigenen und aller größten Bedauern aber entspricht dies dem tatsächlich Geschehen. Nun gut, mit vollem Tank geht es anschließend über den Highway BC-4 in Richtung Nordnordost. Unsere Route führt erst am riesigen Kennedy Lake, dann am Sproat Lake vorbei auf die Ostseite der ebenfalls riesigen Insel.
Spaziergang durch den Cathedrale Grove, dem Kathedralenhain beim Cameron Lake auf Vancouver Island.
Etwa 13 Kilometer nach dem Kennedy Lake legen wir beim Walley Creek einen ersten Zwischenstopp ein. Bereits von den Parkplätzen direkt am Highway eröffnet sich uns eine gute Sicht auf mehrere Stromschnellen. Durch diese sucht sich das Wasser des Walley Creeks seinen Weg. Creek bedeutet im Deutschen eigentlich Bach. Mächtige Baumstämme, die auf den Felsen oberhalb des Wassers gestrandet sind, beweisen hingegen, dass sich der Walley Creek durchaus auch zu einem alles mit sich reißenden Fluss entwickeln kann.
Von den Stromschnellen geht es weiter über den Pacific Rim Highway zum langgestreckten Sproat Lake und über dessen Nordseite nach Alberni. Obwohl sich der Ort deutlich auf der Ostseite von Vancouver Island befindet, ist der Hafen, Port Alberni, über einen Fjord direkt mit dem Pazifik verbunden. Unser nächstes Zwischenziel befindet sich jedoch noch ein Stück weiter östlich beziehungsweise südlich vom Cameron Lake: der Cathedrale Grove.
Dort angekommen müssen wir etwas suchen, bis wir an der Straße eine Parklücke finden. Überall stehen Autos und wuseln Familien herum. Alles hat den Anschein, als wenn es bei dem Wald um eines der beliebtesten und am stärksten frequentierten Ausflugsziele handelt. Nach der Einsamkeit auf unserer Touren bei Tofino und den Wanderungen im Pacific Rim Nationalpark bedauern wir dies. Umso überraschter sind wir, dass wir schon nach wenigen Metern kaum noch andere Besucher im Cathedral Grove sehen.
Wo die anderen alle geblieben sind? Wir wissen es nicht. Vielleicht hocken sie lieber am Cameron Lake. Vielleicht stehen sie aber auch an den Ständen an der Straße an, um sich mit Eis und anderen Kalorienbomben zu versorgen. Oder sie wurden von Sauriern geschnappt, weggeschleppt und gefressen. Immerhin bewegen wir uns hier in einer der Filmkulissen von Vergessene Welt, Jurassic Park 2. Und wer weiß, ob nach den Dreharbeiten alle Dinos wieder erfolgreich eingefangen wurden oder nicht doch der ein oder andere Velociraptor entwischte?
Der Rundweg durch den Cathedrale Grove führt an gigantischen Bäumen vorbei. Die ältesten und größten sind über 800 Jahre alt. Die meisten jedoch sind vor 300 Jahren nach einem Waldbrand gesprossen. Auf einem Schild erfahren wir, dass die Riesenlebensbäume (Red Cedar) und Douglas-Tannen, die hier wachsen, sehr alt werden können. Wurzel- und Stammkrankheiten führen jedoch dazu, dass einige der Bäume und Äste abgestorben sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie dann auch gleich verrotten.
So beinhalten die Lebensbäume eine natürliche Substanz, welche die Bäume vor dem Zerfall schützt. Dadurch kann ihr Stamm auch noch 100 Jahre nach dem Absterben des Baums stabil sein. Zudem erfahren wir, dass solche Wälder einst typisch für Vancouver Island waren. Erst nach der Ankunft der Europäer sind sie in weiten Teilen der Insel gerodet worden. Begehrt waren die langen Stämme vor allem im Schiffsbau. Als eine der letzten Flächen, die davon verschont blieb, steht der Cathedrale Grove heute unter Naturschutz.