Jameos del Agua und die Albino-Höhlenkrabbe

César Manrique gestaltet eine Traumlandschaft

Die heutige Gestalt der Insel Lanzarote geht auf eine verheerende Naturkatastrophe zurück. Frust und Hunger zogen eine Auswanderungswelle nach sich. Mit den Jahren aber kehrten die Menschen zurück in ihre alte Heimat. Sie gewöhnten sich an die veränderten Umstände und an die neuen Formen der Insel. Unter ihnen sticht ein Bewohner heraus, der auf Lanzarote quasi allgegenwärtig ist. Und das, obwohl er bereits 1992 verstorben ist. César Manrique liebte seine Insel.

Für den Architekten, Bildhauer und Umweltschützer war Lanzarote der schönste Ort der Welt. Und eben diese Schönheit galt es zu bewahren. Für sämtliche Orte und Flecken auf der Insel hatte Manrique sofort einen Entwurf zur Hand. Er plante Fischerdörfer nach traditionellen Mustern, außergewöhnliche Hotels, höhlenartige Panoramarestaurants und vieles mehr. Richtschnur all seiner Werke ist, sich den Natur gegebenen Landschaftselementen anzupassen.

Tatsächlich führt auf Lanzarote kein Weg an César Manrique vorbei. Bei der Inselhauptstadt Arrecife entdecken wir eines seiner Restaurants und beim Palmendorf Haría wandern wir an seinem letzten Domizil vorbei. Damit ist uns sein Vermächtnis schon nach drei Tagen auf Lanzarote mehrmals aufgefallen.

Die Grotte der Jameos del Agua ist eines der Manrique-Objekte, welche mit ihrem Höhlensystem und deren besonderen Bewohnern auch unser Interesse weckt. Mit der Anreise am späten Nachmittag setzen wir darauf, dass die Busgesellschaften ihre Fracht bereits wieder zu den Kreuzfahrtschiffen gekarrt haben. Unser erster Blick auf den riesigen Parkplatz jedoch ist ernüchternd.

Ein Restaurant braucht seinen Platz

Aber wenn wir schon mal da sind, dann wollen wir auch einen Blick in die Höhle riskieren. Angesichts des Eintrittspreises beschließen wir außerdem, es bei diesem einen Besuch zu belassen. Und leider drängelt ein Bus voller Italiener just in dem Moment an uns vorbei, als wir die Tickets lösen. So stehen wir bald im dichten Gedränge auf der steilen Treppe, die hinunter zur Höhle führt.

Möglicherweise würden sich die Menschen besser verteilen, wenn das Restaurant im ersten Saal der Höhle seine Tische etwas ausdünnen täte? Natürlich möchte man möglichst vielen Gästen einen Platz bieten. Andererseits aber stelle ich es mir unangenehm vor, an einem Tisch zu schlemmen, wenn stetig Menschen knapp daran vorbei drängen.

Das Wort Jameo stammt aus dem Wortschatz der Altkanarier. Es bedeutet so viel wie Hohlraum oder  auch Vertiefung in der Erde. Beides passt zu den Jameos del Agua, denn die Höhle ist irgendwann eingebrochen und schuf so zwei Vertiefungen in der Erde. Anfang der 1960er Jahre beschloss die Inselregierung den Ausbau der Höhlen.

Es sollte ein Zentrum für Kunst, Kultur und auch des Tourismus entstehen. Ein solches Vorhaben war ganz nach dem Geschmack des Künstlers César Manrique. Er leitete die Bauarbeiten, bis Jameos del Agua im Jahr 1966 als eine besondere und geheimnisvolle kleine Welt eröffnete.

Die Lagune der Jameos del Agua

Vorbei am Restaurant, führen die nächsten Treppen durch einen Steingarten bis zu einer Lagune. Ich muss zugeben, trotz der vielen Leute herrscht in diesem Bereich der Anlage eine besondere Atmosphäre. Grund genug, uns dafür etwas mehr Zeit zu nehmen. Denn Zeit ist etwas, woran es den Bustouristen oft mangelt.

Wir warten einfach ab und beobachten das Geschehen. Das Wasser in der Lagune ist glasklar. Somit lässt der Wasserspiegel entlang der schwarzen Stufen kaum erkennen. Baden ist zwar verboten, doch trotzdem steht der ein oder andere plötzlich im Wasser und zieht erschrocken seine nassen Schuhe wieder heraus. Herrlich!

Wie erwartet, kehrt nach wenigen Minuten Ruhe ein und sind wir fast alleine am Ufer der Lagune. Jetzt können auch wir gebannt auf die kleine Krebse blicken, die hier in großen Massen durch das Wasser krabbeln. Die Grotte besitzt keine direkte Verbindung zum Meer. Sie wird lediglich durch Meerwasser gespeist, das durch das Gestein sickert.

Wobei das Gestein sehr porös zu sein scheint. Denn der Wasserspiegel des Sees steigt und sinkt mit den Gezeiten. So haben die kleinen Krabbeltiere immer frisches Wasser. Angesichts der vielen unfreiwilligen Fußbäder, die hier genommen werden, ist dies auch sicher nötig.

Die Albino-Höhlenkrabbe – Leben in den Jameos del Agua

Eigentlich handelt es sich bei den Albinokrebsen, wie sie landläufig genannt werden, um kleine, blinde Hummer. Normalerweise kommen diese nur in Meerestiefen von 2000 Metern vor, wo man weder Farbe noch Augenlicht braucht. Doch in dieser Lagune, der über 13.000 Jahren alten Lavahöhle, war es wohl finster genug, sodass sich die Albino-Höhlenkrabbe auch fern ihres angestammten Lebensraums entwickeln konnten.

Die Munidopsis polymorpha ist auf Lanzarote endemisch. Und da ihnen die Lagune einen optimalen Schutz bietet, müssen die kleinen Tierchen keinerlei Fressfeinde fürchten. Als eine Folge der Evolution genügt es, dass die Weibchen nur zwei Eier tragen, um die Art zu erhalten.

Auf der rechten Seite führt ein schmaler und finsterer Pfad an der Lagune vorbei. Das niedrige und steinige Geländer bietet nur dekorativen Halt. Zumal einige Stücke davon fehlen. Doch es führt kein Weg vorbei, will man zum Jameo Grande. Jenseits der Lagune befinden sich eine Bar und eine Tanzfläche. Wir steigen die Stufen hinauf in die zweite Einsturzhöhle und stehen wieder in einem zum Himmel geöffneten Raum.

Dieser ist wunderschön mit typischem Lanzarote-Gewächs bepflanzt. Die Dattelpalmen wachsen bis über den Rand der Höhle hinaus. Wunderschön wirkt der blütenweiß getünchte Swimmingpool. Auf seiner Oberfläche spiegelt sich der Himmel, sodass das Wasser blau schimmert. Jameos del Agua ist wirklich ein schöner Ort. Man sollte allerdings genügend Zeit mitbringen, um dessen Schönheit auch richtig genießen zu können.

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