Der nächste Ausflug führt uns nach Kaleköy (Burgdorf) auf die Halbinsel Simena. Bereits im 4. Jahrhundert vor Christus wurde hier das antike Simena gegründet, welches zur Hälfte auf der Insel Kekova und zur anderen Hälfte auf dem Festland errichtet wurde. Durch die vorgelagerte Insel Kekova wurde die Bucht von Griechen, Römern und Veneziern gleichermaßen als natürlich geschützter Naturhafen genutzt.
Auch heute noch ist Kale Köy nur mit dem Boot zu erreichen. Vorausgesetzt, man will nicht einen beschwerlichen Fußmarsch über die stark zerklüfteten Berge in Kauf nehmen, welche das Dorf bis an die Küste umschließen.
Die Zeiten der Seefahrer und Händler sind natürlich vorbei und so wird die Bucht nunmehr vor allem von Deutschen, Italienern und Österreichern als beliebtes Ausflugsziel gegenüber der versunkenen Stadt besucht.
Diesmal werden wir nicht grüppchenweise vom Atlantis-Beiboot ans Ufer gebracht, sondern holt uns ein süßer Kahn vom Gulet ab. Obwohl es noch früh am Morgen ist, steht die Sonne schon wieder hoch am Firmament und sind wir ganz froh über das kleine Sonnendach des »Wassertaksis«.
Das Wasser liegt ruhig, beinahe träge wie in einem See, in der Bucht und das einzige Lüftchen, was sich bewegt, ist der Fahrtwind des Bootes, den wir jedoch nur während der kurzen Überfahrt genießen können.
Eindrücke von der Bucht Simena und Kaleköy
Der Anleger bei Kaleköy ist nur für kleinere Ausflugs- und Versorgungsschiffe geeignet. Von letzteren ist der Ort durch die fehlende Landverbindung außerdem abhängig. So muss hier jedes Getränk, die Lebensmittel und selbst die meisten Souvenirs mühsam an Land getragen werden, in der Hoffnung, dass es die Touristen wieder mit sich herunternehmen.
Das idyllisch am Berghang gelegene Kale Köy selbst wurde über den Resten der antiken Siedlung sowie eines römischen Bades errichtet und wird noch heute von einer zinnenbewehrten Festung, die später zur Kreuzritterburg umgebaut wurde, überragt.
Die Gulets sind Stammgäste in der Bucht. So bleibt es nicht aus, dass jeder Kapitän mit wenigstens einem Wirt in Kale Köy gut befreundet ist. Niemanden wird es verwundern, dass es ausgerechnet im Lokal des Freundes besonders gut schmeckt und die Bedienung hier am freundlichsten ist.
So wird auch uns ein bester Freund vorgestellt, der uns ohne viel Worte gleich auf einen frisch gepressten Orangensaft in sein Restaurant einlädt. Obwohl wir wissen, dass es nirgends in Kale Köy einen besseren Orangensaft zu einem günstigeren Preis gibt, lehnen wir doch ab, weil das Dörfchen einfach zu schön ist, um nur in einer Gaststätte zu hocken.
Statt dessen entscheiden wir, uns die Burg anzuschauen. Schon nach wenigen Schritten müssen wir uns eingestehen, dass es wirklich sehr heiß und trocken ist. Zum Glück aber gibt es in dem Ort einen kleinen Laden, in dem wir uns mit dem nötigen Getränkeproviant versorgen können.
Auch hier wachsen Feigenkakteen zwischen den zum Teil mehr als 1000 Jahre alten Häusern. Ein paar Bougainvilleen leuchten himbeerfarben in der Sonne und in der Ortsmitte ragt eine Palme stolz zum Himmel empor.
Vom Dorf führt ein mühsames Gemisch aus steilen Stufen und rutschigen Trampelpfaden hinauf zur Ruine der Kreuzritterburg Simena Kalesi. Auf den ersten Metern werden wir von Kindern begleitet, die einen Korb voller Armbänder mit sich tragen und auf einen kleinen Handel hoffen. Allerdings zeigen sie uns auch den etwas angenehmeren Weg, sodass wir unser Ziel möglichst erreichen, ohne uns die Beine zu brechen.
Die Ritterburg, welche den Ort überragt, wurde während der Kreuzzüge vom Orden der Johanniter über den Grundmauern einer antiken Festung errichtet. Trotz der späteren Eroberung durch die Osmanen ist die Wallmauer mit ihren vielen Zinnen erhalten geblieben. Auf der Seite zum Dorf finden wir hier das mit nur sieben Sitzreihen mit Platz für 300 Besucher kleinste Theater Lykiens. Allerdings sollte man hier nicht zu lange verweilen, weil sonst ein heftiger Sonnenstich droht.
Noch vor dem Theater bleiben die Kinder zurück, eine Oma lässt es sich jedoch nicht nehmen nehmen, uns bis hoch auf die Burg zu begleiten. Immer gut gelaunt, klettert die alte und füllige Frau mit ihrer lustigen Pludderhose fast mühelos vor uns her.
Dem nicht genug, hilft sie sogar deutlich jüngeren über die beschwerlichsten Stellen hinweg und bietet sich im lykischen Theater dazu an, Fotos von der Gruppe aufzunehmen.
Nach mehreren kleinen Verschnaufpausen erreichen wir schließlich den Gipfel der Burg. Hier oben genießen wir nicht nur die Aussicht über die Bucht, sondern vor allem auch die mitgeschleppten Getränke. Limo und Wasser sind zwar längst nicht mehr so kühl wie beim Kauf direkt aus dem Kühlschrank, schmecken - der Hitze sei Dank - hier oben aber dennoch wenigstens doppelt so gut wie frisch gepresster Orangensaft. Der Aufstieg jedenfalls hat sich gelohnt.
Und auch die Oma kommt endlich auf ihre Kosten. Von irgendwoher hat sie plötzlich einfache Armketten und anderen Schmuck hervorgezaubert, den sie zum größten Teil bei der Gruppe los wird. So finden auch wir die passenden Mitbringsel für unsere Nichten.
Auf der östlichen Seite der Burg schließt sich alter Olivenhain an, in welchem Dutzende lykische Gräber und ihre Sarkophage stehen.
Aber auch ältere Bestattungsformen sind in der Umgebung zu finden. So haben die Einwohner damals Felsengräber in den weichen Kalkstein gehauen, deren mit Ornamenten verzierte Eingänge den lykischen Hausfassaden nachempfunden wurden.
Das häufigste Ansichtskartenmotiv von Kekova und Simena jedoch befindet sich - fern der Olivenbäume - in der Nähe der Anlegestelle des Burgdorfes. Tatsächlich trotzt dieser Sarkophag nicht nur Wind, Sonne und Regen, sondern hielt auch schon dem Erdbeben im 2. Jahrhundert stand, als der größte Teil des alten Simenas im Wasser versank.
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