Zwei der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Tallinn sind die Dicke Margarethe und die Häusergruppe der Drei Schwestern. Der Zugang erfolgt ab der Oleviste Kirik durch die Tolli zur Straße Pikk. Dort biegen wir links in Richtung eines großen runden Gebäudes ab. Wenige Schritte weiter erreichen wir Die Drei Schwestern. Die Häusergruppe wird in den Reiseführern als ein besonders schönes Ensemble spätgotischer Handels- und Speicherhäuser beschrieben.
Laut einer Legende hat ein Kaufmann die Häuser im 15. Jahrhundert für seine drei Töchter bauen lassen. Nachdem die letzten Jahrhunderte meist vornehme und reiche Persönlichkeiten in den Drei Schwestern wohnten, befindet sich heute ein gehobenes Hotel in den drei Gebäuden.
Ebenfalls nur wenige Schritte weiter steht die Dicke Margarethe, der Pulverturm von Tallinn. Dieses große, runde Gebäude ist Teil der Stadtbefestigung und wird offiziell zu den vielen Türmen Tallinns gezählt. Wie der Name schon ahnen lässt, ist die Dicke Margarethe mit einem Durchmesser von 25 Metern im Gegensatz zu den anderen Türmen allerdings ein gutes Stück breiter als hoch (20 Meter).
Direkt daneben befindet sich das Große Strandtor. Bei möglichen Angriffen vom Finnischen Meerbusen aus sollte dieses durch den wuchtigen Turm verteidigt werden. Auch wenn sich der Küstenstreifen inzwischen geändert hat, ist die Verbindung zum Meer zumindest funktionell geblieben: Die Margarethe ist Hauptsitz vom Estnischen Seefahrtsmuseum.
Nachdem wir uns das Strandtor von außen angeschaut haben, gehen wir zurück in die Altstadt. Dabei halten wir uns rechts, sodass wir zu einigen der immer noch erhaltenen Türme kommen. Schön finden wir, dass einige dieser alten Verteidigungsanlagen wieder genutzt werden. So finden wir auf dem Weg zum Platz der Türme in einem Turm eine Seilerei, in der ein paar Künstler noch nach den Methoden der alten Handwerksberufe arbeiten. Da diese Türme nur dann geöffnet sind, wenn zumindest ein Künstler vor Ort ist, sollte man dies unbedingt nutzen. Denn es gibt nur wenige Möglichkeiten, das Innere der Türme so gut zu sehen.
Unsere nächste Station ist der Platz der Türme. Auch wenn er kein Platz im eigentlichen Sinn ist, sondern nur ein Abschnitt des Grüngürtels außerhalb der Altstadt, macht er seinem Namen alle Ehre.
So bietet er uns eine schöne Sicht auf einige Türme der alten Stadtmauer. Schauen wir nach links, sehen wir den Grusbeketagune torn, den Eppingi torn und den Plate torn. Dazwischen ragt der Kirchturm der Olaikirche in die Höhe.
Drehen wir uns ein wenig nach rechts, blicken wir zum Köismäe torn und Loewenschede torn. An ihm können wir von hier gut die Besonderheit von Tallinns Türmen erkennen. Denn während die Türme nach außen klassisch rund gebaut wurden, sehen sie auf der Innenseite wie abgeschnitten aus. Warum dies so gemacht wurde, wissen wir nicht. Wohl aber sehen wir, dass diese Bauweise Platz innerhalb der Stadtmauer spart, was die Anlage der Gassen erleichtert hat.
Der Besuch vom Platz der Türme lohnt sich vor allem auch im Sommer. Denn an diesem Abschnitt der Stadtmauer findet alljährlich das Blumenfestival statt. Eingeteilt in kleinen Beeten konkurrieren hier die kreativen Ideen und Pflanzenarrangements um die Gunst der Spaziergänger.
Ragt an der einen Ecke ein halbes Ruderboot aus einem Sandbeet, ist es ein paar Meter der Kopf einer Robbe, die aus einem Meer aus Silberblättern und Petunien schaut. Dazwischen lädt eine übergroße Bank zum Verweilen ein. Einfach schön!
Bei unseren Spaziergängen waren wir immer wieder von den vielen Türmen begeistert. Insgesamt 40 Stück hatten einst die 2,35 Kilometer lange, bis zu 16 Meter hohe und zwei bis drei Meter dicke Stadtmauer verstärkt. Immerhin 26 sind erhalten geblieben. Zu verdanken haben wir dies einem Zufall. Denn während in den meisten anderen Hansestädten etliche Türme und Mauern geschliffen wurden, um Platz für Ringstraßen, Flaniermeilen und Grüngürtel zu schaffen, holte der Sinn für den Denkmalschutz die Abrissarbeiten in Tallinn bald ein. Nur wenige Türme fielen dadurch dem Abriss Mitte des 19. Jahrhunderts zum Opfer.
Neben den Türmen beim Platz der Türme und dem »Kiek in de Kök« zählen die Nebentürme vom Viru-Tor zu den bekanntesten Türmen Tallinns. Das Vortor und das fünfstöckige Hauptgebäude vom Viru-Tor mit der Lehmpforte selbst ist leider nicht mehr erhalten.
Wohl aber ist die Viru-Straße immer noch einer der wichtigsten Zugänge in die Altstadt. So herrscht hier an lauen Abenden immer viel Betrieb auf der Verbindung zwischen dem Alten Markt und der Neustadt mit ihre hochmodernen Bürobauten und Geschäften.
Zwischen dem Estnischen Puppentheater an der Ecke zur Lai-Straße und dem Saunatorn laden auch hier ein paar hübsche Restaurants zum Verweilen ein. Hier geht es natürlich deutlich ruhiger zu als auf dem Rathausplatz von Tallinn. Andererseits aber stehen viele der verstreut aufgestellten Tische im Schatten, sodass es schon bei wenig Wind kühl werden kann.
Der Bereich zwischen der Suur-Kloostri und der Rossmühle mit der Laboratooriumi-Straße, der Schulstraße (Kooli) und der Gümmnasaiumi gilt zugleich als der schönste Teil der Stadtmauer. So haben wir während unserer Streifzüge durch die Altstadt von Tallinn gerne diesen kleinen Umweg gemacht und dabei jedes Mal wieder etwas anderes entdeckt: war es beim ersten Mal die Seilerei in einem der Türme, ist uns beim nächsten Mal die ukrainische Kirche in einem verwinkelten Speicherhaus aufgefallen.