Direkt unterhalb des Burgbergs Hradschin gelegen und als Bindeglied zur Altstadt entwickelt sich die Kleinseite Prags allmählich zu einem touristischen Zentrum mit einigen Hotels, Restaurants und natürlich auch Souvenir- und Kitschläden. Kein Wunder, dass sich schon bald nach der politischen Wende eine Bürgerinitiative bildete, die sich dafür einsetzt, diesen Stadtteil nicht zu einem reinen Vergnügungspark werden zu lassen. Ob sie wissen, dass durch den Tourismus auch eine Menge Geld in die Kleinseite fließt, welches die Renovierung der alten (Adels-) Gebäude erst ermöglicht?
Nichtsdestotrotz wird die Kleinseite in den Reiseführern längst als reizvollstes Viertel Prags bezeichnet.
Was nicht wundert. Denn nachdem ihr im Jahre 1257 (30 Jahre später als der Altstadt) das Stadtrecht gewährt wurde, ließen sich etliche Adlige in der Kleinseite nieder.
Die Nähe zur Burg als geistigem und weltlichem Machtzentrum bewog vor allem Habsburger, sich unterhalb des Laurenzibergs und des Burgbergs einen Zweitwohnsitz einzurichten.
Die bekanntesten unter ihnen sind die Adligen Waldstein und Liechtenstein, die sich prunkvolle Palais bauen ließen.
Auf dem Weg von der Moldau zur Burg kommen wir zur Dittrich-Lékárna. Sie ist Teil des Nationalmuseums und zeigt Apothekeneinrichtungen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert.
Sehr schön gestaltet und gepflegt finde ich den früheren Verkaufsraum. Alles steht hier geordnet an seinem Platz. Bis auf zwei kleine Waagen, die ihren Platz aber wahrscheinlich schon damals auf dem Verkaufstisch hatten.
Neben dem ehemaligen Verkaufsraum gibt es noch ein paar weitere Zimmer mit alten Gefäßen, Figuren und Krügen, die einen kurzen Besuch lohnen.
Vorbei an einer historischen Destillerie mit Biergarten führt unsere Route wenige Meter weiter in den ältesten Garten Prags, den Vojan-Park. Er wurde etwa zur Mitte des 13. Jahrhundert von den Karmelitermönchen angelegt und beherbergt heute einige Obstbäume mitten im Zentrum der Stadt. Außerdem wird der von mehreren Mauern umgebene Garten gerne von Künstlern genutzt, um moderne Skulpturen auszustellen.
Im Frühling überrascht der Park seine Besucher - wie auch uns - mit blühenden Magnolien. Eine Pracht, die allerdings nur von kurzer Dauer ist. So liegen bei unserem Abstecher bereits etliche Blütenblätter auf dem Boden, obwohl es erst ein paar Tage vorher ein wenig wärmer in der Stadt geworden ist.
Daneben hat der Park nicht viel zu bieten, außer ein ruhiges Plätzchen, um sich von einem längeren Stadtrundgang ein wenig zu erholen. Wir aber haben ja noch einiges vor ...
In der Nähe unseres Hotels Atos gelegen, spazieren wir mehrmals über die Kampa, eine auf den ersten Blick kaum erkennbare Insel. So auch auf dem Weg vom Klostergarten zum Laurenziberg. Nachdem wir die historische Karlsbrücke unterqueren (der Westteil der Brücke steht auf der Insel), kommen wir an den Teufelsbach. Einst befanden sich einige Mühlen entlang des schmalen Rinnsals. Leider aber sind nur zwei bis heute erhalten geblieben bzw. restauriert worden, sodass der Bach seinen urtümlichen Zweck weitgehend verloren hat.
Stattdessen laden heute ein paar Grünflächen zum Spazieren und das Kampa-Museum zur Kunst ein. Außerdem befindet sich im nördlichen Teil der Insel, am Kampa-Platz, ein anschauliches Häuserensemble.
Neben einem schattigen Café hat die Insel ansonsten nicht viel zu bieten. So wundern wir uns auch nicht, dass uns - obwohl sich die Kampa direkt neben der Haupttouriachse befindet - kaum jemand begegnet.
Vidos zu Städten, die man gesehen haben sollte.
Etwas von der Straße zurückgesetzt, wirkt die Kirche der Siegreichen Jungfrau Maria unscheinbar, zumal sich der prächtige Dom des St. Nikolaus ganz in der Nähe befindet. Dennoch ist die kleine Kirche eines der beliebtesten Gotteshäuser in der Stadt. Den Grund entdecken wir im Innern. Das heißt besser: hinter einer dichten Traube Gläubiger und anderer Urlauber. Wie sie kommen auch wir wegen einer nur 60 Zentimeter hohen Puppe, dem Prager Jesulein.
Seit 1628 wird die Bambino di Praga genannte Wachsfigur in der ältesten Barockkirche Prags aufbewahrt. Um 1600 hatten spanische Gäste das Jesulein Polyxene von Lobkowicz zur Hochzeit geschenkt. Weil ihr Mann aber kurz nach der Heirat starb, vertraute die Adlige die Wachsfigur den Karmelitern an. Diese stellten das Jesulein in einem prächtigen Altar aus. Was jedoch zunächst nicht lange währte.
Denn auch wenn die Habsburger Truppen sich um 1620 in der Schlacht am Weißen Berg gegen die Böhmen und Mähren durchsetzen konnten und die ursprünglich protestantische Kirche an den katholischen Karmeliter-Orden fiel, so konnte dies nicht die Plünderung durch sächsische Soldaten im Jahr 1631 verhindern. Weil sie wertlos erschien, landete die Puppe auf dem Müll. Nachdem sie wiedergefunden wurde, machten Wallfahrer die Figur bekannt und stifteten dem Jesulein Kleider.