Paläste in der Moskowiter Metro

der ganz normale »Bahnsinn«

Die Moskowiter Metro wird auch die Stadt unter der Stadt genannt, da die U-Bahnen täglich über acht Millionen Fahrgäste befördern. Wie viele es jeweils sind, ist für die Betreiber relativ leicht zu ermitteln. Denn Zeit- oder Monatskarten gibt es nicht, so dass jede einzelne Fahrt beim Entwerten der Fahrkarte gezählt wird.

Genau da liegt auch schon unser erstes Problem. Das Kaufen der Fahrkarten mit zum Beispiel einer, fünf, zehn oder auch mehr Fahrten ist, hat man sich endlich durch die meist lange Schlange vor dem Ticketschalter gewartet, zwar noch relativ einfach. Das Passieren der Eingänge zu den Bahnen aber will geübt sein.

So halte ich meine 10er-Karte nur kurz vor so ein rundes Feld und lauf, weil der Sperrriegel offen steht, dann weiter. Rums! Und schon ist der Durchgang von zwei Metallriegeln versperrt. Hoppla! Das hatte ich so nicht erwartet. Also noch einmal zurück, die Karte vor das runde Teil gehalten, die Riegel öffnen sich, ich lauf mit dem Gepäck los und wieder halten mich die Metallriegel auf. »Du musst schnell durchlaufen«, gibt mir Annette den Tipp. Sie hatte gelesen, dass man sich beim Einlass zur Metro beeilen muss. Andernfalls läuft man Gefahr, die Metallteile zwischen die Beine zu bekommen.

Beim dritten Versuch bleibe ich also vor der Sperre stehen, halte abermals die Karte vor das runde Feld und schaffe es endlich, dieses überraschende Hindernis zu überwinden. Bin ich jetzt schon drei Fahrten los? Wäre ja sehr ärgerlich. Ist aber nicht so. Was wir nämlich erst später sehen: die Durchgänge zu den Bahnen stehen im Normalfall offen.

Läuft aber jemand ohne gültige Fahrkarte hindurch bzw. ohne sie richtig vor das Magnetfeld gehalten zu haben, löst eine Lichtschranke den Schließmechanismus aus. Dem nicht genug, schlägt das Teil Alarm, was die Aufpasser der Metro sehen. Schwarzfahren ist damit so gut wie nicht möglich. Annette hat es dennoch geschafft.

Massen auf den Rolltreppen der Moskowiter Metro

Das zweite Problem ist die Orientierung. Denn leider sind die Schilder mit den Richtungen und Stationen am Ende der Rolltreppen mit russischen Buchstaben geschrieben. Auch entdecken wir zunächst keine brauchbaren Hinweise an den Bahnsteigen. Mal abgesehen davon, dass es um uns herum sehr hektisch zugeht. Denn so, wie die Reisenden der einen U-Bahn auf der Rolltreppe verteilt sind, steigen bereits die Passagiere der nächsten Bahn aus.

Das führt dazu, dass es in der Hauptverkehrszeit (von früh bis spät) kaum eine Lücke auf den Rolltreppen und auch sonst nirgends gibt. Der einzige Vorteil ist, dass es durch diese vielen Menschen so gut wie unmöglich ist, eine Metro-Station durch den Ausgang zu betreten. Oder wie es im Reiseführer steht: »Geht man versehentlich auf den Ausgang zu, wird man von den Massen zur Seite gedrängt. Bis zu den Rolltreppen stößt man gar nicht erst vor.«

Tatsächlich brauchen wir einige Fahrten, bis wir uns zumindest einigermaßen zurechtfinden. Hat man sich aber erstmal genügend Stationen mit ihrer russischen Schreibweise gemerkt, fallen einem dann auch die Hinweistafeln an den Bahnsteigen auf, die auch in Latein lesbar sind, kommt man besser mit den Schildern in den U-Bahnen selbst zurecht und versteht schließlich sogar die Namen der einzelnen Stationen.

Das einzige, was bleibt, ist die Hektik und das Gedränge in den Bahnen und Stationen. Und doch empfiehlt es sich, sich verschiedene Haltestellen, insbesondere die der Ringlinie, etwas genauer anzusehen. Denn getreu dem Motto »Paläste fürs Volk« gelten die Metrostationen Moskaus als die schönsten der Welt. Und das sind sie auch.

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