Sterkfontein Caves und Morapeng

Wiege der Menschheit

Nach einem wunderschönen letzten Abend in Südafrika müssen wir erneut früh aufstehen. Packen ist angesagt. Bereits um sieben Uhr kommen Bernard und Sonja zu uns ins Zimmer. Sie bringen Minitörtchen, Tee und Geschenke. Heute ist mein Geburtstag und sie singen mir gemeinsam mit Lars ein Lied. Sooo lieb! Ich freue mich natürlich, bin aber zugleich etwas betrübt. Denn es ist auch unser Abreisetag. Direkt nach dem Frühstück müssen wir dann auch schon los. Unsere Gastfamilie muss leider zu einem Trauerfall im Kollegenkreis. Da es auf dem Weg liegt, begleiten sie uns noch bis fast zu den Sterkfontein Caves, bevor wir uns endgültig verabschieden. Wir bedanken uns für eine wundervolle Zeit und vor allem dafür, dass sie uns überhaupt erst auf die Idee gebracht haben, nach Südafrika zu reisen.

Cradle of Humankind

Dann sind wir wieder auf uns alleine gestellt und erreichen wenige Minuten später die »Cradle of Humankind«, also die »Wiege der Menschheit«. Es ist ein Sammelbegriff für die Fundstätten fossiler Hominiden in Südafrika, welche auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes stehen. Die Sterkfontein Caves sind ein Teil davon. Für 180 Rand, das sind gut 13 EUR pro Person, erhalten wir ein Kombiticket für die Höhlen und das Visitor Center von Morapeng.

Wir können bereits bei der nächsten, englisch geführten Tour mitkommen, sodass wir uns nur kurz im angeschlossenen Museum aufhalten. Dies reicht, um sich einen ersten Überblick über die Funde aus den Höhlen zu verschaffen. Der wichtigste Fund war 1947 ein vollständig erhaltener Schädel eines Australopithecus africanus. Sein Entdecker, Robert Broom, leitete von bestimmten Merkmalen ab, dass es sich um einen weiblichen Schädel handeln müsse und nannte ihn liebevoll »Mrs Ples«, was soviel wie »Fast-Mensch« bedeutet.

Die Knochen könnten drei- bis zweieinhalb Millionen Jahre alt sein. 1995 wurde in einer Kalkstein-Formation das fast vollständige Skelett von »Little Foot« entdeckt. Hier sind sich die Forscher bei der Bestimmung des Alters bislang uneins. Die Spanne reicht von 3,67 bis 2,2 Millionen Jahren. Sicher lässt sich indes aus der Beschaffenheit der Fußknochen ableiten, dass ihr Besitzer zum aufrechten Gang befähigt war.

Sterkfontein Caves

Auf dem Weg zur Höhle sind auf Steinplatten die Knochenstrukturen der Funde und auch die Ausgrabungszeiten in den Sterkfontein Caves dargestellt. Dann lässt uns die Führerin in eine der Höhlen hinabsteigen. Die Ausrüstung mit Helm finden wir etwas übertrieben. Denn der Abstieg in die Höhle ist inzwischen mit Treppen sehr gut ausgebaut.

Mrs Ples und Little Foot hatten es zu ihrer Zeit deutlich schwerer, hier hinab zu gelangen. Allerdings haben die Urzeitmenschen sehr wahrscheinlich nie in der gelebt. Bei Little Foot wird stattdessen vermutet, dass er durch ein Spalte hinabgestürzt ist und in der Höhle verendete.

Bald fällt uns auf, dass es in der Kalksteinhöhle weder Stalagmiten noch Stalaktiten gibt. Leider wurden die Höhlen während der Goldgräberzeiten von den Italienern heimgesucht. Gold haben sie hier natürlich keines gefunden, jedoch die Kalkspitzen abgeschlagen oder abgesägt. Den Kalk haben sie dann zusammen mit anderen, teils hochgiftigen Stoffen gebraucht, um andernorts die Goldpartikel vom Gestein zu lösen.

Zum Ärger der Südafrikaner haben die Goldsucher durch ihre Gier den wahren Schatz dieser Gegend zerstört. Laut unserer Führerin würden sie den Italienern dafür am liebsten in den Hintern treten. Verständlich. Vor diesem Vandalismus waren die Höhlen sicher so schön wie die im Gouffre de Padirac. Die Knochenfunde geschahen jedoch erst deutlich später, womit auch die Wissenschaftler die Sterkfontein Caves erst später schützten.

Eine weitere Besonderheit in der Höhle ist ein unterirdischer See. Durch ihn bleibt die Temperatur bei konstant 18°C. Die Größe des Sees ist unbekannt. Beim Versuch, diese herauszufinden, kam es zu Unfällen. Danach wagten es die Forscher nicht mehr, in die hinteren, überflutenden Höhlenkammern vorzudringen.

Jedoch wird das Wasser von Mikroorganismen belebt, welche auch an der Wasseroberfläche schwimmen. Wirft man einen Stein ins Wasser, bildet sich für kurze Zeit ein Loch, das sich sogleich wieder schließt. Die Viecher finden hier keine Nahrung. Aus dem Grund leben sie von Kannibalismus.

An mehreren markierten Ausgrabungsstätten vorbei gelangen wir allmählich zum Ausgang. Auf diesem letzten Abschnitt ist das Vorankommen nun tatsächlich etwas beschwerlich. Die Tunnel sind hier so niedrig und eng, dass wir hindurch kriechen müssen. Nachdem ich mir einst in der Fajã do Rodrigues auf Madeira dermaßen den Schädel an einer Felsdecke angerannt habe, bin ich nun heilfroh über den schützenden Helm.

So endet unsere unerwartet spannende Höhlentour wenig später bei den Denkmälern von Broom und Co. Ein großes Lob bekommt unsere Führerin, die mit viel Spaß und Freude am Erzählen die Tour interessant und lebendig gemacht hat. Zum Abschluss spielt sie geduldig für jeden Teilnehmer den Fotografen, bevor wir weiter fahren zum Visitor Center von Morapeng.

Visitor Center von Morapeng

Besucherzentrum der Cradle of Humankind

Nach gut zehn Minuten Fahrt erreichen wir das Visitor Center von Morapeng. 2005 wurde dieses für das UNESCO-Welterbe Cradle of Humankind eröffnet. Ein Sicherheitstor, gut ausgebaute Zufahrtsstraßen und ein großzügig angelegter Parkplatz sind auf gewaltige Besucherströme ausgelegt. Tatsächlich ist hier im Vergleich zu den Kalkhöhlen Sterkfontein Caves einiges mehr los.

Wir haben Glück und erwischen einen Schattenplatz beim Restaurant. Es ist Mittagszeit und uns knurrt der Magen. Während des Essens kommen wir bald mit einigen anderen Besuchern ins Gespräch. Irgendwie starten hier alle ihre Tour durch Südafrika. So sind wir die einzigen, die später zum Flughafen auf den Rückflug müssen.

Doch bis dahin bleibt noch Zeit, um das Ausstellungsgebäude zu besichtigen. Äußerlich erinnert es an ein Hügelgrab, wie wir sie von unseren Reisen durch Irland und Schottland kennen. Im Innern erfahren wir einiges über die neuesten Entdeckungen bei den Höhlen von »Cradle of Humankind«. Insbesondere werden die Rising Star Caves beschrieben, in welcher Lee Berger seit dem Jahr 2013 aus der Dinaledi-Kammer mehr als einhundert Knochen und die dazu passenden Schädel geborgen hat.

Die ausgestorbene Art wurde »Homo naledi« getauft, was sinngemäß »Mensch aus der Sternhöhle« bedeutet. Die Fossilien haben wahrscheinlich ein Alter von 912.000 Jahren. Wie Mrs Ples und Little Foot hat auch der Homo naledi nicht in den Höhlen gewohnt. Für wahrscheinlicher hält man ein Bestattungsritual, bei dem die Toten in eine Felsspalte geworfen wurden.

Wie Charles Darwin bereits vermutete, könnten unsere Vorfahren von diesen Menschen Afrikas abstammen. Beim Skelett eines Homo naledi erklärt eine Führerin ihrer Gruppe, dass dies bereits bei den Augenfarben zu erkennen wäre. Demnach sind braune Augen nach wie vor dominant, während blaue Augen rezessiv seien und somit irgendwann wieder aussterben würden. Da ihre Gruppe nur aus Schwarzen besteht, drehen sich plötzlich alle zu uns um und blicken uns mitleidig an. Na Prima, wir werden als aussterbende Individuen vorgeführt. Aber wenn es der Bildung dient, soll es uns recht sein.

Passend zu den Höhlen wurden große Teile des Besucherzentrums unterirdisch angelegt. Es ist eine Art Bildungszentrum, welches mit einem enormen Aufwand erstellt wurde. Für uns sind viele Fakten und Informationen eine Wiederholung aus der Schulzeit mit Schwerpunkt Geographie- und Biologieunterricht. Wir begeben uns auf eine Zeitreise, die mit der Entwicklung der Erde beginnt. Hier begegnen wir erneut dem Meteoriteneinschlag vom Vredefort Dome.

Als Nächstes fahren wir mit einer schön gestalteten Bahn durch eine Eiszeit, mit echten Eiswänden, und durch eine Vulkangegend. Dann geht es weiter mit der Menschheitsentwicklung bis in die Gegenwart. Alles ist liebevoll und einfach gestaltet. So kann man hier gut einige Zeit verbringen. Für uns ist es ein netter Zeitvertreib bis zur Fahrt an den Internationalen Flughafen von Johannisburg.

Flughafen von Johannesburg

Letzte Eindrücke von Südafrika

Der Flughafen von Johannesburg ist eine gute Autostunde vom Visitor Center von Morapeng entfernt. Über die Umgehungsstraße kommen wir nördlich an Johannesburg vorbei. Das ist uns ganz recht. Trotzdem kommen wir durch eine längere Marktstraße, die auf uns einen eher wilden Eindruck macht. Offenbar möchte unser Navi noch ein bisschen was erleben. So gestalten reichlich Leute auf der Straße und jede Menge Ampeln die Fahrt etwas mühsam, bis wir schließlich den N1 Western Bypass erreichen.

Auf der Mautstrecke herrscht ein deutlich höheres Verkehrsaufkommen. Dieser aber verläuft in geordneten Bahnen, sodass wir wieder rasch vorankommen. Was fehlt, ist eine Tankstelle. Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass entlang der Autobahn mehrere zu finden sein müssten. Falsch gedacht. Als Folge leuchtet unsere Tankanzeige schon eine bedrohlich lange Zeit. Doch bevor wir Nachschub finden, stehen wir auch schon am Flughafen.

Das Auto mit leerem Tank abgeben, kommt nicht in Frage. Dafür ist die Gebühr angesichts des Minitanks entschieden zu hoch. So irren wir bis zu einer Tanke im nächstgelegenen Shoppingcenter. Umso einfacher und unkomplizierter gestaltet sich anschließend die Fahrzeugrückgabe. Einfach Schlüssel abgeben und gehen. Ein paar Wochen später werden wir dann auch die Abrechnung für die Autobahngebühr erhalten.

Relaxt drehen wir mehrere Runden zu Fuß über den Flughafen und sind begeistert von der Töpferware, die in zwei Läden angeboten wird. Dazwischen treffen wir eines der italienischen Paare vom Royal Natal Nationalpark. Es stellt sich heraus, dass sie aus Madrid kommen, also doch eher Spanier sind. So haben wir noch eine schöne Unterhaltung, bevor die Maschine der Swiss pünktlich zum Einstieg bereit ist.

Wie schon beim Hinflug versucht Lars, zwei Gläser Sekt zu stibitzen. Doch heute sind die Stewardessen a) langsamer und b) aufmerksamer. Als Folge sind erst wenige Gläser Sekt gerichtet, die dafür aber mit Argus Augen bewacht werden. Schließlich sei der Sekt der höheren Klasse vorbehalten und gibt es auch für Geburtstagskinder keine Ausnahme. Schade eigentlich. Trotzdem genießen wir den Flug, stoßen dafür mit Rotwein an und schwelgen in Erinnerungen.

Mit dem Mietwagen sind wir exakt 4163 Kilometer gefahren. Hinzu kommen die Touren mit Bernards Familie mit weiteren knapp 400 Kilometern. Mit anderen Worten: als der Flieger abhebt, ist der Kopf voller neuer Eindrücke. Bis zur Landung könnten wir in einer Tour quatschen, ohne uns zu wiederholen. Dann fallen uns auch schon die Augen zu, schlafen und träumen wir tief und fest von unserer nächsten Südafrikareise.

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