Die Kirchenburg von Tartlau in der heutigen Gemeinde Prejmer gehört zu den herausragendsten und somit auch mächtigsten von Siebenbürgen. Dass sich die Festung allein schon durch ihre Dimension von den anderen abhebt, merken wir bereits bei der Suche nach dem Eingang. Denn nachdem wir auf der Rückseite geparkt haben, müssen wir ein ganzes Stück um die Burg herumlaufen. Durch einen wuchtigen Säulengang gelangen wir schließlich in die Vorburg. Bereits diese ist mit stark befestigt und mit Verteidigungsanlagen gerüstet wie eine Bauernburg. Es fehlt lediglich die Kirche inmitten des Hofes, der hier den Rathaushof bildet.
»Otto's Souvenirs« und der Laden mit »Natürlicher Marmelade« zeigen, dass hier öfters Touristen vorbeischauen. Auch bei Tartlau befinden wir uns einem Weltkulturerbe der UNESCO. Doch anders als im Dracula-Schloss Bran, geht es wohltuend ruhig und beschaulich zu. Vor allem aber ist die Aufmachung der Geschäfte ans Burgenbild angepasst.
Eine Stiege führt hinauf zum Burgmuseum, in dem Gartenwerkzeuge und Einrichtungsgegenstände der sächsischen Lebenswelten zu sehen sind. Von hier aus können wir auch in den oberen Teil der 30 Meter langen Barbakane blicken. Ein niedriges Tonnengewölbe gewährt den einzigen Einlass in den Burghof. Im Verteidigungsfall ließ sich dieses durch Eichentore und schwere Fallgitter innerhalb des Torwehrs sicher abriegeln.
Die Kirchenburg von Tartlau in der heutigen Gemeinde Prejmer gehört zu den herausragendsten von Siebenbürgen.
Durch den Tunnel der Barbakane dringen wir in den Hauptring der Festung ein und stehen somit vor dem Kirchengebäude, mit dem auch in Tartlau alles begann. Die 1218 durch den Deutschen Orden erbaute Heilig-Kreuz-Kirche erhielt 1512 zwei Seitenschiffe, sodass die Grundform einem griechischen Kreuz glich. Es ist eine byzantinische Bauform, die der Orden aus dem Orient mitgebracht hatte. Nach der Vertreibung des Ritterordens und der Übernahme durch die Zisterzienser Mönche folgten verschiedene Änderungen.
Rundgang durch die Kirchenburg von Tartlau
Mit einem Netzgewölbe und Spitzbogenfenster verliehen die Mönche der Kirche ein gotisches Antlitz. Vor allem aber wurde der westliche Kreuzarm derart verlängert, dass die Grundform wieder ein lateinisches Kreuz bildete. Auf eine weitergehende Befestigung des Kirchenbau verzichteten die Zisterzienser jedoch. Auch sie sahen in der umgebenden heiligen Trutzburg einen ausreichenden Schutz.
Warum hier mehr als anderswo ein solch immenser Aufwand zur Sicherung einer Kirche betrieben wurde, erklärt sich aus der geografischen Lage. Tartlau ist die am östlichsten gelegene Gemeinde Siebenbürgens. Sind kriegerische Horden über den Landstrich eingefallen, so war Tartlau erstes Ziel.
Nach 1421, dem ersten Einfall der Türken, begann der massive Ausbau der Befestigungsanlage. Das Dorf wurde über 50 mal angegriffen und zerstört. Die Kirchenburg hingegen konnte nur wenige Male eingenommen werden. Die Dorfbewohner fanden sichere Zuflucht in den 12 bis 14 Meter hohen und durchschnittlich 4,5 Meter dicken Mauern.
272 Vorratskammern und Wohnzellen reihen sich an der Innenseite der Ringmauer aneinander. Hier konnten die Familien auch in Friedenszeiten ihr Hab und Gut aufbewahren und ihre Nahrungsmittel sicher einlagern. Selbst bei einem überraschenden Angriff waren dadurch schon alle zum Überleben notwendigen Dinge bereits in der Burg vorhanden und konnten sich die zeitweise bis zu 1600 Dorfbewohner ganz auf die Flucht in die Burg konzentrieren. Hinter den Mauern war dann ein fast normales Dorfleben möglich. Über Treppen und Stege hatte man Zugang zu den Kammern, wie auch zum Wehrgang im oberen Teil der Mauer. Dieser führt ohne Unterbrechung um die gesamte Burg herum.
Einen Hinweis für ein Dorfleben innerhalb der Kirchenburg gibt die »Alte Schule«. Denn Belagerung hin oder her, die Kinder hatten zum Unterricht zu gehen. Einige der anderen Kammern dienen heute als Ausstellungsräume für das Museum. Wir folgen dem Richtungspfeil zum Wehrgang und kommen so an einer Siebenbürgen-sächsischen Bauernstube, einem Webstuhl und den Arbeitsgeräten der Wagner und Sattler vorbei. Über hölzerne Planken geht es vor den Zellen auf und ab, bis wir durch eine Verbindung in den Wehrgang gelangen. Hier blicken wir durch zahlreiche Schießscharten und Pechnasen in alle Richtungen nach draußen.
Eine »Todesorgel« galt als besonders perfides Abwehrgerät. Sie konnte mit fünf Vorladeschießrohren zugleich bestückt werden und lässt sich in ihrer Achse drehen. Wie gut das beim Empfang ungebetener Gäste funktioniert hat, ist für uns nur schwer nachvollziehbar. Aber ein Rundgang vorbei an den Zellen und durch die verwinkelten Gänge ist ein Erlebnis schlechthin. Es gibt uns einen lebendigen Eindruck über das damalige Leben im Belagerungsfall, wie in kaum einer anderen Kirchenburg Siebenbürgens.