Unsere Katze ist süß, sehr süß. Und sie ist zutraulich, zu zutraulich. Denn leider wirft sich Minka so ziemlich jedem vor die Füße, der aussieht, als könnte er sie streicheln. Morgens passt sie die Leute auf dem Weg zum Bus oder Bahnhof ab, vormittags wirft sie sich vor die Arbeiter des Bauvereins.
Es folgen die Zusteller von Post, Hermes und Co. und nachmittags zieht sie die Kinder in der Straße magisch an. Als wir ein paar Tage auf Städtereise in Prag waren, ist ihr dieses Verhalten zum Verhängnis geworden. Denn als wir zurückkamen, rannte Tanja (sichtlich verheult) auf uns zu.
Hatte jemand unsere Katze entführt? Und wenn nicht, warum war sie dann seit Tagen unauffindbar? Alles Suchen hatte zu keinem Erfolg geführt, und auch Annette und ich lauschten vergeblich an Kellerschächten, durchsuchten eine nahe Baustelle und liefen die umliegenden Straßen und Wälder ab. Nichts.
Sofort schaltete ich eine Anzeige im Mittwochsmarkt. Außerdem plakatierten wir unser Viertel mit Aufnahmen unserer Katze, in der Hoffnung, dass uns irgendwer einen Hinweis geben wird.
Und kurz danach, als wir eine mögliche Sichtung aus einem anderen Bereich Waldshuts bekommen hatten, zierte ein weiteres Dutzend Plakate drei weitere Straßen. Bereits zuvor hatte Andreas das ganze Viertel abgesucht und auch eine ähnliche Katze gesehen. Diese allerdings trug ein Halsband und verkroch sich scheu unter einem Auto.
Daheim schauten wir immer wieder auf den Weg, auf dem sie abends zu uns herunter lief, in der Nacht weinten sich mehrere Kinder und Frauen in den Schlaf. In der Schwarzwaldstraße war ein wahrlicher Katzenjammer ausgebrochen.
Knapp zwei Wochen nach Minkas Verschwinden riefen mich zwei Mädchen an, dass sie eine Katze gefunden hätten, die unserer ähnlich sehe. Um es vorweg zu nehmen: sie war es tatsächlich. Allerdings war das Fell ganz stumpf und struppig, wirkte sie verschüchtert und ausgemergelt und trug zudem ein rotes Halsband mit Glöckchen.
Wir gehen davon aus, dass irgendwelche Kinder sie nach Hause genommen und ihr das Halsband verpasst hatten. Da Minka aber durchdreht, wenn man sie dauerhaft in der Wohnung einsperrt, werden sie sie irgendwann herausgelassen haben und unsere Katze getürmt sein. Leider in einer Gegend, in der es kein Wasser gibt, und mit einem Glöckchen, dass jede mögliche Beute warnte. Darüber hinaus war das Halsband viel zu eng, sodass ihr Fell darunter ausgefallen war. Sie sah jämmerlich aus und war nur durch die weiße Pfoten und hellen Zehen mit Sicherheit zu erkennen.
Wieder daheim, sprang sie jedoch bald auf den Schrank, auf dem ihr Katzennest steht, und schlief die nächsten Stunden durch. Zwei Tage später habe ich sie zur Tierärztin gebracht. Seitdem ist Minka gechippt und können Andreas und ich wieder ruhig schlafen. Denn diesmal weinten unsere Frauen Freudentränen.