Siem Reap und der Nachtmarkt

Die lange Fahrt von Poipet nach Siem Reap

Die Klimaanlage funktioniert nicht, die Ablage ist genauso voll Staub und Straßendreck wie der Boden und durch irgendwelche kleinen Löcher rieselt schwarzes Zeug herab. Wer dieses von seiner schweißfeuchten Haut zu reiben versucht, hat bald verschmierte, dunkle Striche auf Armen und Beinen.

Nein, der Bus, mit dem uns Indochina Services nach Siem Reap bringt, lässt nicht das Gefühl von Luxus aufkommen. Daran können auch die Wasserflaschen nichts ändern, welche unsere zwei kambodschanischen Reiseleiter bei der Abfahrt in Poipet großzügig verteilen.

Bereits vor der Fahrt hatte uns die Reiseleitung vorgewarnt, dass die 140 Kilometer lange Anreise von der Grenze bis nach Siem Reap einiges länger dauern wird als die rund 250 Kilometer von Bangkok zur Grenze. Die Gründe sind hierfür liegen, wie es so schön heißt, auf der Straße und gehen außerdem leider durch Mark und Bein.
Nein, von Straße kann hier nicht wirklich die Rede sein.

Zu oft war die Verbindung nach Thailand während des Bürgerkrieges Schauplatz der erbitterten Kämpfe, wanderte die Front auf vielen Abschnitten mehrfach hin und her.
Als Ergebnis verbindet auch heute noch eine über weite Strecken völlig asphaltfreie Straße Poipet mit Siem Reap, sind die Schlaglöcher scheinbar nur voneinander getrennt, um besser zu wirken.

Schlimmer noch sind die Brücken anzusehen. Viele von ihnen sind abgesperrt und müssen umfahren werden. Aber auch die Brücken, die für den Verkehr freigegeben sind, erwecken mit ihren losen Holzplanken und Löchern im Boden keinerlei Vertrauen.
Was unseren Bus betrifft, so müssen wir unterwegs mehrmals außer Plan halten. Als Grund nennt Samit, dass etwas mit der Batterie nicht stimmt.

Zwangspause durch einen kaputten LKW

Auch das noch! Nachdem wir uns ein paar Stunden durch die ebene und Dank der Trockenzeit wenig spektakuläre Landschaft vorbei an zahlreichen brach liegenden Ackerflächen haben rütteln lassen, versperrt uns ein verunglückter Lkw den Weg. Wie er es geschafft hat, seinen Lkw gegen den Brückenpfeiler zu setzen, wissen wir aber nicht.

Um so offensichtlicher ist jedoch, dass er total zerstörten rechten Vorderseite nicht mehr aus eigener Kraft den Weg freigeben wird. Auch an ein Wegschieben ist aufgrund des Achsbruchs und der Verkeilung mit dem Brückengeländer nicht zu denken. Für uns bringt das eine unausweichliche Zwangspause ein.

Während die Pkws, vornehmlich Gelände- wagen, einfach von der Straße herunter und auf der anderen Seite der Brücke wieder hoch- fahren, eignet sich diese Lösung leider nicht für den Bus. Zu groß wäre die Gefahr, dass er auf der Böschungskante aufsetzt und dann selbst zum Hindernis wird. Also startet Samit die Probe aufs Exempel und lässt uns alle aussteigen, bevor er den Bus über die Brücke fahren lässt.

Langsam rollt er dann auch bis kurz vor den Lkw. Das Loch im Brückenboden ist zum Glück so gelegen, dass kein Reifen darüber fährt. Und fast schon glauben wir, dass der Bus an den Lkw-Schrotthaufen vorbeikommt. Leider aber ist das Geländer auf der rechten Brückenseite nach Innen verbogen. Damit nimmt es dem Bus genau soviel Raum, dass Samit den Versuch letztlich abbricht.

Eine knappe halbe Stunde vergeht, in der wir uns abwechselnd die marode Brücke, den kaputten Lkw oder einfach nur die Landschaft und die in Pick-ups vorbeifahrenden Khmer anschauen. Nutznießer sind die Kinder. Von mehreren Höfen kommen sie herbeigeeilt, lassen sich sehr bereitwillig fotografieren und nehmen noch viel bereitwilliger Süßigkeiten und Kugelschreiber entgegen.

Irgendwann aber vermisse ich meine Frau. Bei den anderen der Gruppe kann ich sie nicht entdecken, aber auch in den Bus ist sie nicht zurückgekehrt. Erst als ich wieder aus dem Bus herausspringe, fällt mein Blick in eine Hofeinfahrt. Aha, große Hunde gibt es hier also auch - und dahinter steht sie ja, zieht einen Flunsch und traut sich kaum mehr von der Stelle...

Ein paar Minuten später bringt dann ein alter Khmer die Lösung mit. Weiter Richtung Siem Reap gäbe es eine Stelle, an welcher der Bus gefahrlos auf die Straße zurückfahren könne. Aus Sicherheitsgründen dürfen wir jedoch nicht mitfahren. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Denn gesessen sind wir heute schon genug und so genießen wir den kurzen Spaziergang,

während der Bus durch die zum Glück noch ausgetrocknete Ebene kurvt, um ein paar hundert Meter weiter auf die Straße zurückzukehren. Eine Dreiviertelstunde später, um etwa 18.40 Uhr, erreichen wir Siem Reap. Oder anders gesagt: zehn Stunden und vierzig Minuten nach Aufbruch in Bangkok sind wir endlich am Ziel!

Old Market, ein Nachtmarkt in Siem Reap

Am Abend bietet uns Samit die Möglichkeit, zu einem ausgesuchten Restaurant mit Tanz und Musik zu fahren. Da wir etwas Ähnliches jedoch schon beim Dinner Cruise in Bangkok hatten, verzichten wir darauf, nutzen aber sein zweites Angebot, uns mit dem kleinen Reisebus bis ins Zentrum von Siem Reap fahren zu lassen.

In der Stadt selbst ist es duster, die meisten Fahrzeuge - vor allem Zweiräder - verkehren mit nur unzureichender oder auch gar keiner Beleuchtung auf den Straßen. Dafür aber fahren alle sehr langsam, sodass gefährliche Situationen kaum entstehen und wir uns selbst als Fußgänger sicher fühlen. Alles wirkt recht schmuddelig. Den knöcheltiefen Staub, von dem wir vor der Reise gelesen hatten, können wir jedoch nirgends entdecken.

Nach kurzer Orientierung beschließen wir, die Straße einfach schnurstracks weiter zu laufen, um uns dann irgendwie zum Old Market durchzufragen. Stattdessen landen wir nach ein paar Minuten zunächst beim Nachtmarkt Siem Reaps. Hin und wieder versuchen die Verkäufer, uns an ihre Stände zu locken und T-Shirts, Tücher oder einfach nur Stoffe an den Mann zu bringen. Souvenirs und touristischer Kitsch finden sich natürlich auch im Angebot. Bedrängt fühlen wir uns aber selbst hier nicht. Im Gegenteil, führt uns einer der Verkäufer sogar zum nächsten Polizisten, damit er uns den Weg zum Old Market erklärt.

Nach einigen Metern kommen wir erstmals am touristischen Zentrum Siem Reaps vorbei und finden wenig später endlich zum Old Market. Leider ist dieser längst geschlossen und so gibt es hinter ein paar wenigen geöffneten Ständen entlang der Straße nur enge, dunkle Gassen, die zwischen den zu dieser Stunde verlassenen Marktständen ins schwarze Innere der alten Halle führen.
Also zurück zur belebten Tourimeile. Neben zwei Banken kommen wir an einigen Restaurants und lauten Bars vorbei. Leider begegnen wir aber auch einem Vierjährigen, den seine Eltern mit seinem erst wenige Monate alten Geschwisterle im Arm sowie einer leeren Milchflasche auf die Straße zum Betteln geschickt haben. Als er merkt, dass er mit seinem »give me some money, so I can buy milk« keinen Erfolg erntet, ruft er uns schließlich »F*** you! F*** you!« nach, bevor er uns hinterherspuckt...
Am nächsten Tag berichten uns unsere Mitreisenden schließlich, dass sich der Old Market auch tagsüber nicht lohne. Leere Milchflaschen gehören beim Betteln übrigens zur Standardausrüstung. Denn diese haben wir dafür, dass es in Siem Reap kaum noch Bettler gibt, erstaunlich oft gesehen.

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