Willkommen im größten sakralen Bauwerk der Erde! Schon von Weitem beeindruckt Angkor Wat mit seinen Ausmaßen die Besucher. Wen wundert es da, dass wenige Hundert Meter westlich des Tempels ein Fesselballon zu einem Blick von schräg oben auf dieses gewaltige Monument einlädt?
Unvorstellbar jedoch erscheint uns, dass hier zur Blütezeit Angkors etwa 20.000 Menschen wohnten. Obwohl, die Touristenströme der Hochsaison können da schon fast mithalten. Denn pro Jahr kommen immerhin eine Million Touristen hierher. Bis zum Jahr 2010 werden gar bis zu vier Millionen Besucher jährlich erwartet.
Noch bevor man den Tempel über die 150 Meter lange und einige Meter breite Sandsteinbrücke betritt, sollte einem bewusst werden, dass die gesamte Anlage eine perfekte Nachbildung des Universums ist, so wie es die hinduistische Mythologie beschreibt. So symbolisiert der breite Wassergraben unter der Brücke das Urmeer, die Galerien stehen für die Gebirgsketten und die Türme stellen den Sitz der Götter dar.
Allen voran Vishnu. Ihm nämlich widmete König Surjavarman II. den Tempel im 12. Jahrhundert. Dabei ließ Surjavarman II. Angkor Wat allerdings nicht nach Osten, wie im Hinduismus üblich, sondern nach Westen zum Sonnenuntergang ausrichten. Für die Wissenschaftler ein sicheres Zeichen dafür, dass ihm der Bau nach seinem Tod als Grabmal dienen sollte.
Betreten die meisten Besucher Angkor Wat durch den prächtigen Haupteingang, fallen links und rechts zwei weitere, etwas klobig wirkende Eingänge auf. Mit Grund: denn während der 37jährigen Bauzeit setzten die Khmer mehrere Hundert Elefanten ein, welche die Lasten zur Baustelle schleppen mussten.
Hinter dem ersten Tor ist die Sicht auf die Türme von Angkor endlich frei. Während sich vor ein 350 Meter Damm langer Damm bis zur Ehrenterrasse erstreckt, erblicken wir links und rechts unseres Wegs die Bibliotheken, in denen die Priester früher wahrscheinlich Opfergaben aufbewahrten.
Und auch das gibt es: Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen Tempel, haben soeben eine PET-Flasche leer getrunken und überlegen sich, wie Sie die wohl am besten entsorgen können?
Unser Tipp kommt von dem Mönch rechts neben diesem Bild: einfach nach links schauen, nach rechts schauen, nach oben zum Kollegen schauen und dann nach unten. Schwups! Schon purzelt die Flasche scheppernd über die steilen Stufen nach unten, während beide Mönche begeistert hinterher grinsen.
Wenige Sekunden später folgte übrigens der Schraubverschluss, den er hier noch in der Hand hält...
Nun gut, Flegel gibt es überall. Das Verhalten der Mönche, die wir auf unserer kurzen Reise beobachten konnten, war jedenfalls keine Werbung für eine vorbildliche Lebensweise (auch wenn es ja meist nur ein paar Monate sind, in denen die jungen Männer als Mönch unterwegs sind).
Nach dem Mittagessen fahren wir mit dem Tuk-Tuk ein zweites Mal zur Tempelanlage Angkor Wat. Nur ein paar Minuten Fahrt trennen uns davor. Nun ist das Wetter auch viel schöner. Zwar liegt ein Gewitter in der Luft und ist es dementsprechend schwül. Die Hitze hat aber auch ihre gute Seite. Denn diesmal begegnen wir weit weniger Urlaubern als noch einen Tag zuvor. So ist auch unser Fahrer zuversichtlich, dass wir uns nach der Besichtigung ohne Probleme auf dem Parkplatz wiederfinden.
Wieder schreiten wir über die Sandsteinbrücke durchs Eingangsgebäude und von da weiter zum Eingangsportal mit der verstümmelten Vishnu-Statue. Als wir durchs erste Tor gehen, bedrückt uns ein Baby mit Wasserkopf, welches von seiner Mutter zur Schau gestellt wird. Das Bild wirkt. Viele der Passanten geben eine Spende, bevor sie sich wieder den Reliefs des Tempels widmen. Leider wird das Kind dennoch wohl nie die Chance auf eine endoskopische Therapie bekommen.
Nachdem wir von der linken Bibliothek aus etliche Bilder aufgenommen haben, wagen wir erneut den Aufstieg zum Hauptturm. Diesmal versuche ich die etwa 300 Grad steile Treppe am linken Rand zu bezwingen.
Etwas nach der halben Strecke kommt - Dank der Hitze - zur Höhe leider die Anstrengung hinzu. So komme ich einmal mehr mit etwas schwammigen Knien oben an, bevor ich auch Annette die letzte, deutlich höhere Stufe hinaufhelfe.
Auf unserem Rückweg wählen wir den Weg durch das nördliche der beiden Elefantentore. Von hier führt ein schmaler und nur wenig benutzter Pfad zu den Souvenirständen. Nein, Postkarten, T-Shirts und Bücher über Angkor Wat wollen wir auch heute nicht kaufen. Wohl aber zwei Cola light. Dabei konnte Annette übrigens beobachten, wie sich die Mädchen untereinander ganz normal unterhalten, bevor sie zu uns kommen und urplötzlich in einen weinerlichen Singsang verfallen, um doch noch ein paar Karten loszuwerden...