Stadtrundgang in Auch

Unser heutiges Ziel ist eine weitere herausragende Stätte der Midi-Pyrénées. Die Stadt Auch, die historische Hauptstadt der Gascogne, erhebt sich weithin sichtbar über dem Fluss des Gers. Da sich das mittelalterliche Zentrum mit der Kathedrale Sainte Marie in der Oberstadt befindet, steuern wir einen größeren, höher gelegenen Parkplatz an. Ähnlich wie in Albi sind in Auch nur die stadtnahen Reihen der Parkplätze kostenpflichtig.

Doch auch bei den anderen Parkreihen sind schon von der Straße aus einige Lücken zu erkennen. Erst als wir uns bereits auf dem Platz befinden, erkennen wir den Grund. Bäume und deren Schutzverbau verwandeln das Einparken in einen Rückwärtszirkel-Parcours. Nach etwas Hin und Her aber hat Lars unser Auto ohne Lackschaden zwischen all die Hindernisse in eine Lücke manövriert.

Stadtrundgang ab dem Place de la Republic

Unser erster Gang führt uns direkt zur Touristinfo von Auch, wo wir Sébastien und Karine treffen. Karine ist Französin, lebt und studiert aber in München und hat bei unserem Besuch ihren letzten Praktikumstag in Auch. Für Sébastien, Lars und mich ist das ein Glücksfall, da wir uns so in unserer Muttersprache unterhalten können. Einzig Karine wird in dieser für sie ungewohnten Rolle etwas stärker gefordert. Zu viert starten wir also unseren Stadtrundgang am Place de la Republic, direkt vor der Kathedrale Sainte-Marie. Hier legen viele Pilger einen Zwischenstopp ein. Denn die Kathedrale von Auch wurde als wichtige Etappe des Jakobswegs nach Compostela erklärt.

Armagnac Turm

Da die Sonne noch so herrlich scheint, verschieben wir den Kirchenbesuch auf das Ende des Rundgangs und laufen zunächst zum Armagnac Turm. Im Mittelalter war der 40 Meter hohe Turm ein Symbol der gerichtlichen Macht des Erzbischofs und diente als Gefängnis. Lange Zeit war der Turm für die Öffentlichkeit verschlossen. Mittlerweile ist die Besichtigung der Zellen wieder möglich. In jedem Stockwerk gibt es eine davon, womit die Insassen sozusagen Einzelstockhaft hatten. Nebenbei werden in dem Turm der Domschatz und weitere religiöse Kunstojekte ausgestellt.

Heimat des D'Artagnan, einem der drei Musketiere

Vom Fuße des Turms bietet sich uns eine schöne Aussicht über das Tal des Gers. Die Unterstadt, auf die wir von hier aus blicken, hieß zur Zeit der Römer Augusta Auscorum und war von Kaiser Augustus besetzt. Eine gewaltige Monumentaltreppe verbindet die Ober- mit der Unterstadt. Hier finden wir auch eine Bronzestatue des berühmtesten Mannes der Gascogne.

Es ist Charles de Batz, besser bekannt als D'Artagnan. Er wurde im 30 Kilometer entfernten Schloss Castelmore geboren und machte sich später als Leutnant der Königsmusketiere einen Namen. Sein ereignisreiches Leben inspirierte Alexandre Dumas zu dem berühmten Roman »Die drei Musketiere«.

Leider wird die Monumentaltreppe gerade saniert. Damit belassen wir es bei einem kurzen Halt, eh wir wieder nach oben steigen und eine Weile durch die Altstadtgassen schlendern. Immer wieder treffen wir auf »Pousterles«, enge mittelalterliche Treppengässchen. Sie führen zum Gers hinab. Während die Einwohner so auf direktem Weg Wasser vom Fluss holen konnten, war es ungebetenen Gästen nicht möglich, die Oberstadt auf breiter Front anzugreifen.

Weniger leicht als die alten Fußwege ist das Maison Henri zu entdecken. In dem herrschaftlichen Gebäude nächtigte 1578 König Heinrich IV mit Königin Catherina von Medici. Die Wohnungen sind heute bewohnt. Der Zugang in den Innenhof ist jedoch möglich und auch empfehlenswert, da sich hinter der Fassade eine aufwendig gearbeitete, wunderschöne Stein- und Holztreppe verbirgt.

So überrascht uns das Städtchen Auch mit mehreren schönen Ecken und versteckten Innenhöfen. Wer keine ortskundige Begleitung dabei hat, sollte wie wir zuallererst in das sehr gut aufgestellte Office de Tourisme gehen. Dort liegen Pläne mit zwei schönen Stadtrundgängen bereit. Und da längst nicht jeder Gast Französisch spricht, gibt es die Übersetzung in mehreren Sprachen gleich dazu.

Kathedrale Sainte Marie

Zwei Jahrhunderte dauerte es ab der Grundsteinlegung, bis die prächtige Kathedrale von Auch im Jahre 1680 vollendet war und der Geburt Marias gewidmet werden konnte. Solch lange Bauzeiten führen oft zu einer Vermischung verschiedener Baustile.

So verkörpert die Kathedrale Sainte Marie von Auch auf wunderbare Weise den architektonischen Übergang von der Spätgotik zur Renaissance und Klassik. Am Jakobsweg liegend, zählt sie zu den jüngsten, zugleich aber auch größten Kirchen Frankreichs.

Der Architekt Jean de Beaujeu erschuf die Zeichnungen, nach denen die typisch gotische Doppelturmfassade und das Kreuzrippengewölbe im Innern errichtet wurden. Sie stehen im Kontrast zu korinthischen Säulen, Rankenornamenten und andere Arabesken, welche zu den Merkmalen der »Wiedergeburt« der Antike während der Renaissance zählen. Treu blieben die Bauleiter dem Kirchenbauer bei der Auswahl des Baumaterials. Denn der Sakralbau besteht aus lokalem und hellem Kalkstein.

Glasmalereien von Arnaut de Moles

Eine Besonderheit der Kathedrale sind die Leuchtenden Fenster. 1513 wurden von Arnaut de Moles 18 Glasmalereien in schillernden Farben fertiggestellt. Sie zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Wer genauer hinsieht, entdeckt jedoch einige Male die Prophetin Sibylle in den Malereien. Sie steht für die Wiederaneignung heidnischer Propheten aus der griechischen Mythologie, die für die Vorhersage des Kommens Christi bekannt sind. Ungewöhnlich für diese Art Kirchenkunst ist, dass der Künstler sein Werk nach langjähriger Arbeit signierte und mit einer okzitanischen Widmung versehen hat. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Fenster bis dato nie saniert werden mussten und die Farben auch heute noch lebendig strahlen. So sei dem Künstler sein Stolz gegönnt.

Ein weiteres Heiligtum der Kathedrale ist das aufwendige Chorgestühl. Die 113 Chorgestühle aus Eichenholz bildeten lange Zeit den Mittelpunkt des Kirchenlebens der kirchlichen Obrigkeit. Das Bauholz wurde zunächst einige Jahre im Gers versenkt und anschließend getrocknet. Im Jahre 1510 wurde das Gestühl zusammengefügt und dann über vierzig Jahre lang bearbeitet. Erst 1552 war das Gesamtkunstwerk mit nicht weniger als 1500 verschiedenen Motiven vollendet. Bis auf Dominique Bertin sind alle Bildschnitzer unbekannt. Vermutlich waren es hiesige Mönche und Künstler einer florentinischen Schule.

In den Schnitzereien sind drei verschiedene Themen vertreten. Neben biblischen und mythologischen Darstellungen sind dies Szenen aus dem Leben Christi. Geschichten wie der Sündenfall von Adam und Eva werden in den weiteren Stühlen mit Tugenden wie Gerechtigkeit, Nächstenliebe und geduldige Kraft ergänzt.

Gegenüber wird die Szene der Judit gezeigt, die das Haupt des assyrischen Generals Holofernes hält und mit dieser Enthauptung das Volk Israels gerettet hat. Daneben sehen wir den Tobias mit seinem treuen Hund und die Klugheit in Form einer schönen Frau.

Mit den Fenstern, dem Chorgestühl und vielem, vielem mehr zählt die Kathedrale Saine-Marie zu den bedeutendsten Kirchen Frankreichs und lohnt unbedingt einen längeren Besuch. Zusammen mit der malerischen Altstadt von Auch haben wir damit ein unerwartet schönes und dankbares Reiseziel in den Midi-Pyrénéen gefunden, das wir gerne weiter empfehlen.

Marciac, Tillac und Auch | Midi-Pyrénées

Fahrt von Lourdes nach Auch mit Stopps bei Marciac, dem aus »Die Dienstagfrauen« bekannten Tillac und Auch, der Hauptstadt von Gers.

Die Domaine Le Castagné im Grünen

die wunderbare Gîte auf dem Campingplatz

»Lars, du hast uns einen Campingplatz gebucht?« Diese Frage beschäftigt mich auf dem Weg zu unserer nächsten Unterkunft, der Domaine Le Castagné. Es ist bekannt, dass bei Auch seit Jahrzehnten Hotelnotstand herrscht. Wer aber rechnet mit einem Campingplatz als Alternative? Zumindest sind wir dadurch im Grünen und kann ich mich auf eine ruhige Nacht einstellen.

Denn der Stadtkern von Auch ist gut vier Kilometer vom Campingplatz entfernt. Vor Ort fährt Lars dann an allen Einrichtungen des Campingplatzes vorbei und mitten hinein in eine dicke Überraschung. Das Domaine Le Castagné besitzt neben dem Campingplatz und mehreren unter Bäumen gelegenen Chalets auch wunderschöne Chambres d'hôtes einer Gîte.

Von der Besitzerin werden wir herzlich empfangen und auch gleich hoch zu unserem Zimmer geführt. Das Haus ist schön und urig, die Treppenstufen sind etwas schief und es wurde auf eine liebevolle Einrichtung geachtet.

Unser Zimmer ist riesig und mit Abstand das schönste während unserer gesamten Rundfahrt durch die Midi-Pyrénées. Der Blick aus dem Fenster fällt direkt in eine herrliche Landschaft mit nahem Teich und einer Burg im Hintergrund. Es ist einfach schön.

Anstatt einem Balkon können wir die Loungemöbel im Vorgarten nutzen, wo wir uns einen schönen Abend bei einem Fläschlein Rotwein machen. Es gibt zwar noch einen Pool auf dem Grundstück, doch dafür ist es bereits zu frisch. Dennoch fühlen wir uns so wohl hier, dass wir gerne noch eine Nacht länger hätten bleiben wollen. Auch, weil das Wohlfühlen beim Frühstück gleich weiter geht.

Da es in der Gîte gerade mal vier Zimmer gibt, hält sich Anzahl an Gästen in engen Grenzen. Alle sitzen an einem Tisch und werden von der Gîtemutter verwöhnt mit leckeren Brötchen und heißem Kakao oder was man sonst so alles für den Start in den Tag braucht. Unter den Gästen sind Holländer, Belgier und Elsässer, sodass wir uns sogar auf Deutsch unterhalten können.

Schweren Herzens verlassen wir diese herrliche Gîte in der östlichen Gascogne nach nur einer Übernachtung. Wir haben die letzten drei Wochen so viel gemacht und erlebt, dass uns ein Erholungstag sicherlich gut getan hätte. Aber noch stehen mehrere Programmpunkte auf unserem Reiseplan offen.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!
Neuen Kommentar schreiben