Das vielleicht herausragendste Ziel unserer Rundreise ist der Adams Peak auf Sri Lanka. Der auch als Sri Pada bekannte Berg wird von einem 2.243 Meter hohen Einzelfelsen im zentralen Bergland der Insel gebildet. Die Anfahrt erfolgt normalerweise über Hatton, von wo eine 33 Kilometer lange Sackgasse bis nach Dalhousie führt.
Eine Besonderheit ist sicher, dass der Heilige Berg Sri Pada in aller Regel nachts bestiegen wird. Das aber ist nicht schlimm, weil der Pilgerweg seit Ende der 80er elektrisch beleuchtet wird. Allerdings nur während der Pilgersaison, zwischen Dezember und dem letzten Maivollmond.
In Sri Lanka ist es für Buddhisten eine Pflicht, den Sri Pada, den heiligsten aller Berge Sri Lankas in seinem Leben wenigstens einmal zu besteigen. Dabei soll eine Frau, welche die 1.000 Höhenmeter ab Dalhousie oder auch Nallathanniya, auf sich nimmt, im nächsten Leben als Mann wieder geboren werden.
Ob sie das auch will, sei mal dahingestellt. Wenn man allerdings beobachtet, wie sich selbst Schwangere auf den Weg machen, während andere Frauen ihre Kleinsten huckepack hinauftragen, halte ich es für möglich.
Da es nachts los gehen soll, verschwinden wir schon kurz nach dem Abendessen aufs Zimmer. Einschlafen funktioniert dank der kühlen Bergluft und dem hier fehlendem Hundegebell recht gut. Dafür aber wecken uns die singhalesischen Pilger, die sich zwischen 23 und 24 Uhr in Dalhousie treffen.
Laute Musik ist um diese Zeit zum Glück verboten. Das Gemurmel und Gekicher aber reicht leider, um uns ein wertvolles Stück Schlaf zu rauben.
1.45 Uhr ist es dann soweit, schlüpfen wir flugs in unsere Klamotten, schnappen die Kamera und den Camcorder und eilen dann auch schon die Treppe hinunter zu unserer nächtlichen Wanderung.
Draußen empfängt uns einer der Adams Peak-Führer, den Saman für uns engagiert hat. Im Gegensatz zu uns trägt er keine festen Sandalen, sondern schlurft mit Flipflops durch die Nacht.
Leider versäumen wir, seinen Namen aufzuschreiben. Wohl aber merken wir bald (zu Annettes Ärger), dass er ein ganz ordentliches Tempo vorlegt. Ob mein Spruch: »Adams Peak, vielleicht in einer halben Stunde?« schuld war, weiß ich nicht.
Knapp vor der ersten richtigen Steigung gelingt uns jedoch, das Tempo auf einen vernünftigen Schritt zu bremsen und sind dadurch, obwohl uns zwei junge Engländer zweimal überholen, im Endeffekt sogar schneller oben.
Nachdem wir die Souvenirstände hinter uns gelassen haben, kommen wir an einer Massagestation vorbei. Doch nein, dazu haben wir jetzt echt keine Lust. Da genießen wir doch lieber in einem der Teehäuser (eigentlich sind es mit Folie bespannte Bretterbuden) eine Cola für zwei, bevor es über unzählige Stufen immer weiter nach oben geht.
Um 3.40 Uhr haben wir dann schon das meiste geschafft und rät unser Begleiter, im drittobersten Teehaus ein wenig zu warten und erklärt: »Oben ist es sehr windig und kalt. Und wir haben noch sehr viel Zeit bis zum Sonnenaufgang.«
Dann geht plötzlich das Licht aus und wird es schlagartig stockdunkel. »Tasche festhalten«, denke ich und ärger mich zugleich, dass ich unsere kleine Taschenlampe im Hotel gelassen habe. Aber halb so schlimm, denn unser Begleiter hat eine Lampe in seinem Handy eingebaut, sodass wir einigermaßen gut zur zweitobersten Teestube kommen.
Sri Lanka befindet sich in den Tropen. Hier oben ist davon aber nichts mehr zu sehen. Dafür aber Singhalesen, die sich in dicke Jacken eingemummelt haben und dennoch wie die Schlosshunde klappern.
Eine gute Stunde vor Sonnenaufgang nehmen wir die letzten paar Treppen zum Adams Peak in Angriff. Die Lampen brennen zum Glück wieder. Wohl aber pfeift uns der Wind ganz gut um die Ohren und ich bin froh, als uns eine Biegung vom einem Abgrund weg zu einem geschützteren Bereich führt.
Um 5.20 Uhr erreichen wir den Gipfel des Sri Pada. Nachdem wir uns ein wenig umgeschaut haben, bringt uns unser Begleiter in einen zumindest windgeschützten Raum. Schließlich dauert es immer noch eine gute halbe Stunde, bis die Sonne aufgeht. Mit anderen Worten: wir hätten eigentlich auch erst um drei Uhr loslaufen können, ohne hetzen zu müssen.
Bereits vor uns haben einige Einheimische sowie eine größere französische Reisegruppe Schutz in dem kargen Raum gesucht. Während sich die Europäer in Jacken hüllen, nutzen die Singhalesen Decken, Handtücher und selbst Folie, um sich die Kälte vom Leib zu halten.
Auch uns kriecht die klamme Luft langsam in die Glieder. Gleichzeitig aber wollen wir nicht in hinterster Reihe stehen, wenn es denn endlich soweit ist und sind also schon bald wieder im Freien.
Der Nachteil am Adams Peak ist, dass er ein Tempel ist, was heißt: Schuhe aus! Denn leider macht der Buddhismus selbst bei eisigen Temperaturen keine Ausnahme. Zwar schätze ich, dass es da oben sicher 13/14 Grad hat.
Der Wind und die Tatsache, dass man leicht verschwitzt ankommt und der Körper die tropische Wärme Sri Lankas gewohnt ist, machen den Gipfel jedoch zu einem frostigen Erlebnis. Daher können wir eine gute Windjacke und dicke Socken wärmsten empfehlen.
Nachdem sich das Gerangel um die vermeintlich besten Plätze gelegt hat, verdeckt eine Wolke die aufgehende Sonne. Ein Bild des legendären Schattenkegels fällt damit leider aus. Wohl aber ist die Stimmung beim Tempel eine ganz eigene. Denn wie bei den Buddhisten und Hindus gilt der Berg auch bei den Moslems und uns Christen als heilig. Je nach Glaubensrichtung soll hier Buddha, Mohammed und Adam einen Fußabdruck auf dem Gipfel hinterlassen haben.
Bei soviel Heiligkeit ist das Fotografieren rund um den Fußabdruck natürlich verboten. Der Abdruck selber ist unter mehreren Tüchern verborgen, um ihn vor Kritzeleien zu schützen. Wohl aber dürfen wir die Glocke anschlagen, was soviel heißt wie: wir haben es geschafft!
Neben dem Weg nach Dalhousie (Hatton Road) führt ein zweiter nach Ratnapura. Und hier sollte man sich auf gar keinen Fall vertun. Sind es bis Dalhousie nämlich nur zwei bis drei Stunden, kann die Tour nach Ratnapura eine Woche in Anspruch nehmen.
Für erfahrene Trekker sicherlich eine lohnende Herausforderung. Wir aber müssen ja zum Glück nicht alles ausprobieren.
Nach einem letzten Blick über das umliegende Bergland und das Maussekelle Reservoir verlassen wir den Gipfel. Leider etwas zu früh. Denn nach einer knappen halben Stunde schafft es die Sonne über die Wolkenschicht,
sodass wir den Schatten des Bergkegels wohl doch hätten sehen können. Aber wieder hinauf spurten? Kommt nicht in Frage.
Von den meisten Pilgern und Urlaubern unbeachtet, kommen wir an ein paar rund tausend Jahre alten Wandmalereien vorbei. «Die Leute schmeißen ihren Unrat zu den Felsen, aber merken nicht einmal, dass es da was zu sehen gibt«, erklärt unser Begleiter.
Naja, wer kein Licht dabei hat, wird auch so nicht viel sehen können, da sich die Zeichnungen, die mehr Kritzeleien sind, in einer kleinen Höhle verbergen.
Weiter unten kommen wir zu einer Stelle, an der Buddha seine Kleidung genäht haben soll. Im Tageslicht sind daher unzählige Bindfäden zu sehen,
welche die Buddhisten bei ihrer allerersten Besteigung des Sri Padas hier zurücklassen. Da sich in dem Garn allerhand Unrat und Dreck verfängt, ist dies leider kein so schönes Bild.
Schon fast wieder im Tal, kommen wir (über eine Abkürzung) zu einem japanischen Tempel. Wie auf dem Gipfel und beim Eingang ist unser Begleiter ganz scharf darauf, uns zu fotografieren.
Ob es ihm Spaß macht, mit unserer Kamera, eine Eos 400D von Canon, zu hantieren, oder er sich ein höheres Trinkgeld verspricht wissen wir nicht, genießen aber die wirklich herrliche Berglandschaft.
Wobei genießen? Ehrlich gesagt, geht der Abstieg ganz schön in die Beine und sind die rund 4800 Stufen ins Tal hinunter ziemlich zermürbend. Der Blick zurück macht uns aber auch stolz,
dass wir die vielen Höhenmeter so gut geschafft haben. Kurz nach 9 Uhr sind wir schließlich zurück bei den vielen Ständen in Dalhousie. Und nein, wir möchten immer noch kein Plüschtier kaufen.