Von Chiang Rai nur ein Hotel und den Nachtmarkt anzusehen, wäre doch etwas schade. Wir beschließen also, vor Abreise einen Ausflug zum Wat Rong Khun, bekannt als der Weiße Tempel von Chiang Rai zu unternehmen. Schon bei der Rückfahrt vom Nachtmarkt in Chiang Rai hatten wir den Tuktuk-Fahrer gefragt, ob er uns am frühen Vormittag dorthin bringen würde. Er zögerte erst und meinte es wäre recht weit.
Als wir überlegten, ob wir dann überhaupt genug Zeit für den Tempel haben, gab er die Fahrtzeit aber mit nur 20 Minuten an. Auch war ihm Neun Uhr zu früh, womit sich das Spiel wiederholte. Letztendlich gilt auch in Chiang Rai: Business ist Business, womit wir ihn am nächsten Morgen sogar zehn Minuten früher bei der Hotellobby treffen als vereinbart.
So früh am Morgen ist es noch ganz schön kühl im Fahrtwind des Tuktuk. Wir sind froh, Jacken dabei zu haben. Leider kommt auch noch Nebel auf. Sind wir doch zu zeitig dran? Der Wat liegt außerhalb der nächsten Ortschaften.
Doch da er inzwischen auch von Touristenbussen angefahren wird, hat sich drum herum ein kleines Dorf mit Läden und Cafés gebildet. Aber auch hier ist es neblig, sodass sich der wunderschöne, fast weiße Tempel optisch kaum vom Hintergrund abhebt. Na toll!!!
Über ein Drehkreuz werden die Besucher gezählt. Eintritt kostet er bis jetzt noch keinen. Zwischen dem Zugang und dem Tempel hält ein Koiteich die Leute etwas auf Abstand, sodass der Blick auf die Anlage frei bleibt. Das filigrane Bauwerk haben wir dem thailändischen Architekten Chalermchai Kositpipat zu verdanken. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Tempel als Opfer an Buddha zu schaffen. Nachdem er die Arbeiten zunächst komplett aus der eigenen Tasche bezahlt hatte,
bemerkte er, dass sein Tempel für die Einheimischen bald an Bedeutung gewann und auch Touristen in diese Gegend lockte. Einen schweren Rückschlag erlitt der Künstler am 5. Mai 2014, als ein Erdbeben der Stärke 6,3 den Wat Rong Khun stark beschädigte. Chalermchai zweifelte, ob er die Mittel für die Restaurierung aufbringen könne. Durch die Unterstützung vieler Menschen konnten die Arbeiten jedoch bald weitergehen und der Tempel wieder eröffnet werden.
Dabei hebt sich der Wat Rong Khun schon mit seiner hellen und glitzernden Erscheinung von anderen Tempeln ab. Denn eigentlich ist in Thailand Weiß die Farbe der Trauer. Hier jedoch steht sie für die Reinheit Buddhas, während das Glas seine Weisheit symbolisiert. Damit diese Reinheit beibehalten wird, sorgt das Wachpersonal dafür,
dass die Besucher ihre Pfoten von der Farbe lassen. Durch zwei große Fangzähne, die den Mund des Mara-Buddhismus darstellen, führt es uns durch Tod und Unheil an den Höllendarstellungen vorbei. Dort beginnt die Brücke als Zyklus der Wiedergeburt, welche uns hinauf zum Ubosot, dem heiligsten Gebäude des Wat bringt.
Im Ubosot befindet sich die Versammlungshalle der Mönche. Mit einer Buddha-Statue und einem täuschend echt wirkenden Wachs-Mönch ist diese wieder klassisch in Gold gehalten. Wir halten kurz inne und genießen die Ruhe. Als wir wieder rauskommen, lichtet sich der Nebel. Genauso wollten wir den Tempel sehen. Da die Brücke nur in einer Richtung begangen werden darf, drehen wir einfach noch eine Runde.
Zuerst aber erreichen wir einen Wandelgang, der voller Aluherzen hängt, die leise vor sich hin klimpern. Die Herzen können an einem Stand gekauft werden. Die Idee dahinter ist einfach: Man schreibt einen Wunsch darauf und hängst das Herzschild in einen dafür bereit gestellten Baum. Sobald dieser voll ist, werden die Herzen in den Wandelgängen verewigt. Nette Sache.
Wir indes freuen uns über das nun doch sonnige Wetter und den strahlend blauen Himmel, vor dem der ungewöhnliche Tempel erst richtig zur Geltung kommt. Teilweise sind wir durch das Weiß so geblendet, dass wir eine Sonnenbrille brauchen.
So lassen wir den Glitzer an den verschiedenen, sich gegenseitig fressenden Drachen, Figuren und Ornamente nochmals auf uns wirken, bevor wir uns auf den Weg an die laotische Grenze machen.
Eindrücke vom Wat Rong Khun, dem Weißen Tempel bei Chiang Rai.