Der Leuchtturm von Ribeirinha

Zeitzeugen von Naturgewalten der Insel Fajal

Hänge mit blau blühenden Hortensien prägen das Postkartenidyll von Faial. Doch neben diesem Idyll ist die gesamte Insel auch ein Zeitzeuge von Naturgewalten. Mächtige Vulkanausbrüche haben diese Insel erschaffen und formen sie bis in die jüngste Vergangenheit.

So wurde die Bevölkerung immer wieder durch spektakuläre Ausbrüche, wie den des Capelinhos, auf eine harte Probe gestellt. Unvorhersehbare, leichte bis schwere Erdbeben stellen eine weitere Gefahr dar, mit der die Menschen jederzeit rechnen müssen.

Ein Erdbeben erschüttert die Insel

Am 9. Juli 1998 erschütterte das letzte große Erdbeben die Insel Faial. Das Epizentrum lag etwa fünf Kilometer vor der Küste. Dabei zeigte die Richterskala eine Stärke von 6,2. Das entspricht einem starken Erdbeben. Auf Faial forderte dieses acht Menschenleben. Außerdem stürzten mehr als 500 Häuser ein. Insgesamt waren die Schäden so groß, dass sich die Gemeinde Ribeirinha, im Osten der Insel, bis heute noch nicht ganz davon erholt hat.

Als Mahnmal wird die Ruine der Kirche langsam von der Natur überwachsen. Gemauerte Häuser entlang der Straße weisen tiefe Risse auf, sodass sie unbewohnbar sind. Noch immer wohnen vereinzelt Familien in Wohncontainern. Teilweise sind diese inzwischen mit Holz verkleidet, sodass sie wie richtige Häuser wirken. Wahrscheinlich geben sie den Bewohnern zudem ein Gefühl von Sicherheit, welches sie in neu gemauerten Häusern wahrscheinlich weniger hätten.

Der zerfallene Leuchtturm von Ribeirinha ist ein weiterer berühmter Zeitzeuge des Erdbebens von 1998. Er zählt zu den Zielen dieser Wanderung, die wir nahe der Kirchenruine in Espalahafatos starten. Anfangs sind wir noch am Überlegen, wie groß unsere Wanderrunde werden soll. Der Leuchtturm wäre von unserem Startpunkt aus nach anderthalb Kilometer erreicht.

Wir möchten jedoch auch die weitere Umgebung kennenlernen. So lassen wir die Kirchenruine vorerst rechts liegen und folgen der Rua da Igreja in Richtung Horta. Nach 700 Meter erreichen wir den Caminho Novo, der uns zur EN1 führt, bei der es rechts weitergeht.

Durch das Weideland von Cabouco

Sowie die letzten Häuser des Dorfs hinter uns zurückbleiben, laufen wir in einen Regenschauer hinein. Erst nieselt es nur, eh dann doch ein mittelstarker Landregen niedergeht. Doch mittlerweile wissen wir, dass sich das Wetter auf den Azoren sehr bald wieder bessern kann. So warten wir einfach unter einer Baumgruppe ab. Sowie der Regen nachlässt, setzen wir schließlich die längere Runde fort. Nach weiteren 700 Metern verlassen wir die EN1 wieder und zweigen links auf eine schmale Straße Richtung Cabouco ab.

Über mehrere Kehren gewinnen wir auf der Serpentinenstraße relativ rasch einige Höhenmeter, bevor wir nach etwa einer halben Stunde auf den rechts abzweigenden roten Sandweg wechseln. Bei nun nur noch geringen Steigungen und kleineren Senken durchqueren wir auf dem nächsten Abschnitt Weideland. Ins Schwitzen kommen wir dennoch. Denn nach den Regen steigt nun schwül-warme Luft vom Boden auf.

Auf dieser Hochebene riecht es stark nach der Minze, die neben Hortensien und Baumheide überall auf Faial wächst. Das lässt uns ständig an Kuba Rundreise denken. Doch wo bekommen wir hier oben einen Mojito her? Während wir noch in Erinnerungen schwelgen,

holt uns ein ganz anderer Geruch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. So können die Rindviecher hier oben noch so hübsch sein – azorischer Kuhdung stinkt gewaltig.

Rinder auf dem Wanderweg

Der Abschnitt auf dem roten Sandweg wäre an sich gut in 30 Minuten zu schaffen. Nachdem wir zunächst immer entlang eines Weidezauns laufen, der uns von den Rindern trennt, steht jedoch plötzlich eine Kuh auf unserer Seite des Zauns. Nun hatten wir gelesen, dass man zu diesen Abstand halten sollte. Die Frage ist nur, wie man dies anstellt, wenn die Kuh mitten auf dem Weg steht?

Schließlich laufen wir langsam weiter, immer in der Hoffnung, dass sie auf die Seite ausweicht. Doch offensichtlich hat sie noch mehr Angst vor uns als umgekehrt und weicht zwar vor uns zurück, gibt aber weder links noch rechts den Weg frei. Erst, als wir drei uns einem Eck der Weide und einer Ansammlung anderer Rinder nähern, folgt sie ihrem Herdentrieb, tritt an den Zaun heran und lässt uns passieren.

Kurz darauf mündet der rote Sandweg in einen Asphaltweg, dem wir rechts hinab bis zur Hauptstraße Richtung Ribeirinha folgen. Nachdem wir beim Abzweig den höchsten Punkt dieser Tour überwunden haben, lassen wir den Höhenzug nun langsam hinter uns zurück. Bei der Hauptstraße EN1 geht es kurz nach rechts, eh wir gut 100 Meter weiter die Straße bei einer Trafostation wieder verlassen.

Direkt gegenüber der Station folgen wir dem aufsteigenden Weg, biegen dann aber beim nächsten Abzweig rechts zum Lomba dos Espalhafatos ab. Vorbei an der Antennenanlage, die wir schon von der zerfallenen Kirche aus sehen konnten, nähert sich der Weg jetzt allmählich der Ostküste und passiert mehrere Windkraftanlagen.

Farol, der zerstörte Leuchtturm von Ribeirinha

Bei der nächsten Kreuzung laufen wir geradeaus weiter und folgen damit dem Schild zum »Farol«. Das Gelände ist gut übersichtlich und der Leuchtturm von Ribeirinha kaum zu verfehlen. Allerdings sollte man auf den Wiesen drum herum Vorsicht walten lassen,

da beim Erdbeben von 1998 Erdspalten entstanden sind, über die inzwischen Gras gewachsen ist. In der friedlich wirkenden Landschaft liegt nun die weiße Leuchtturmanlage vor uns. Dahinter wunderschön: der blaue Ozean.

Das Lichtsignal auf dem gut 20 Meter hohen, quadratischen Turm, war einst 29 Seemeilen zu sehen. Auf einer Höhe von 142 Meter über dem Meer leuchtete damals sein Licht, bis das Erdbeben dem ganzen ein jähes Ende setzte.

Der Wohnbereich der Leuchtturmwärter ist dabei eingestürzt. Der Turm steht zwar noch, ist aber von gewaltigen Rissen durchzogen. Es versteht sich von selbst, dass man wegen der akuten Einsturzgefahr auf ein Betreten der Ruine verzichtet.

Die Leuchtmittel auf dem Turm wurden nach dem Beben mithilfe von Hubschraubern entfernt. Doch ein Lichtsignal ist nach wie vor nötig. So steht heute eine einfache Anlage in der Nähe, dessen Signal bis zu 28 Seemeilen reicht.

Auf einen Wiederaufbau der Leuchtturmanlage wird Faial wohl verzichten, zumal sich die Ruine inzwischen zu einem beliebten Touristenziel entwickelt hat.

Igreja de Sao Mateus, ein weiteres Erdbebenopfer

Vom Leuchtturm aus geht es ein Stück zurück auf dem Fahrweg. Geradeaus kämen wir auf diesem direkt zurück zur Kirchenruine. Wir indes nehmen noch den Abstecher zum Hafen, dem Ponta da Ribeirinha, mit.

Dafür verlassen wir die Fahrstraße nach Espalhafatos nach einem halben Kilometer ab dem Leuchtturm und zweigen dann links auf einen Feldweg Richtung Küste ab. Dieser führt uns durch eine üppige Vegetation an den Hafen, den wir 20 Minuten nach dem letzten Abzweig erreichen.

Neben einer kleinen Kapelle gibt es am Hafen einen Camping- und Grillplatz. Toiletten und Duschen sind vorhanden und eine Badestelle lädt zum Schwimmen im kühlen Atlantik ein. Auch die Inselbewohner nutzen diese Stelle gerne während ihrer Freizeit.

So winken uns zwei Grillmeister fröhlich zu. Mit diesen schönen Eindrücken nutzen wir schließlich die Hafenstraße zurück nach Ribeirinha, um von dort über den schon bekannten Weg wieder zur Kirchenruine zu laufen.

Die Trümmer der Igreja de Sao Mateus

Inzwischen ist die Sonne herausgekommen. Mit dem blauen Himmel im Hintergrund wirkt die Igreja de Sao Mateus direkt idyllisch. Wie beim Leuchtturm blieb auch bei der Kirche der Turm beim Beben von 1998 stehen. Und wie der Leuchtturm hat auch der Kirchturm einige Risse, sieht insgesamt aber stabiler aus.

Die ehemaligen drei Kirchenschiffe hingegen liegen in Trümmern. Die alten Holztreppen hängen gefährlich in der Luft und das Innere der Kirche ist bewachsen mit frischem Grün.

Das Gotteshaus Igreja de Sao Mateus ist bereits das zweite kirchliche Erdbebenopfer von Ribeirinha. Gleich nach Gründung des 430-Seelen-Ortes, im Jahr 1666, wurde mit dem Bau einer Kirche begonnen. Diese hielt bis zum ersten großen Erdbeben im Jahr 1926. Durch die knappe Finanzlage der Insel übernahmen die Gemeindemitglieder einen gemeinschaftlichen Wiederaufbau der Kirche.

1934 war der Neubau abgeschlossen. Doch 64 Jahre später wurde er wieder zerstört. Ob heute wieder der Gedanke an einen Neuaufbau durch die Köpfe der Gemeindemitglieder geht? Zumindest bringt die Ruine Touristen in die Gegend, wovon die Anwohner mehr haben als von einem Gebäude, das möglicherweise nach nur wenigen Jahren ebenfalls wieder in Trümmern liegt.

Video zu den Zeitzeugen von Naturgewalten auf Faial

Wanderung rund um die Erdbebenstadt Ribeirinha (Relvinha) auf der Azoreninsel Faial, Aufnahmen vom Leuchtturm und der Kirche.

Infos zur Wanderung rund um Ribeirinha

Ab Horta über die Küstenstraße EN1-1A in den Nordosten der Insel fahren und nach Ribeirinha abfahren. Weiter auf der Straße bis zur Erdbeben-Kirche im Ortsteil Espalhafos. Der Parkplatz befindet sich direkt an der Durchgangsstraße.

AusgangspunktParkplatz bei der Kirche
KoordinatenN 38.59670, W 28.61610
Gehzeit5 Stunden
Distanz15,5 km
Anstiegeca. 550 HM
GradT2
Einkehrkeine
GPS-DatenWanderung Ribeirinha gpx
kml-DatenWanderung Ribeirinha kml

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