Orhei und sein jüdischer Friedhof

und die Herausforderung für den Denkmalschutz

Nach gut 20 Minuten Autofahrt ab der Klostersiedlung von Curchi erreichen wir Orhei. Das Städtchen  ist leicht zu verwechseln mit dem historisch-archäologischen Komplex Orheiul Vechi. Für Verwirrung sorgt zudem dessen Kurzbezeichnung Orhei.

Mit der bei Vechi gepriesenen ländlichen Idylle hat die Stadt Orhei allerdings nur wenig gemein. Stattdessen prägt eine prosperierende Lebensmittelindustrie die Wirtschaft und damit auch das Stadtbild.

Zu den wenigen Sehenswürdigkeiten von Orhei zählt der jüdische Friedhof. Bis zum Holocaust beherbergte Orhei die drittgrößte jüdische Gemeinde nach der Hauptstadt Chisinau und Balti. Doch auch wenn sich der Friedhof über eine Fläche von gut 40 Hektar erstreckt und sich zudem an einem Hang befindet, ist es eine wahre Kunst, den Eingang zu finden.

Unsere Fahrt führt durch ein Wirrwarr an Gassen und schier unbefahrbarer Straßen. Schließlich aber gelangen wir zum Eingangstor und deutet uns der Davidstern, dass wir unser Ziel gefunden haben.

Die Beschaffenheit des Geländes sind eine Herausforderung für den Denkmalschutz. Die Bewegungen des Hangs erkennen wir bereits beim Tor, das sich langsam ineinander schiebt. Auch die Fußwege sind stark verformt. Wir sehen einen Prozess, der wohl noch einige Jahre anhalten wird.

Denn die Gelder für eine Absicherung fehlen, womit die Gefahr von Erdrutschen weiterhin gegeben ist. Trotzdem ist der Friedhof in Betrieb und wird liebevoll gepflegt. Hier treffen wir sogar auf Personen in traditionell-jüdischer Kleidung, die vor den Gräbern ihrer Verwandten beten.

Der Friedhof ist eigentlich von einer Mauer umgeben. Unter hohen Bäumen reihen sich die für Moldawien typischen, mit Zäunen umgebenen Gräber aneinander, wie wir es schon in Chisinau und im nördlichen Balti gesehen hatten. Einer der Gärtner beobachtet uns.

Nach einer Weile fasst er sich ein Herz und spricht uns an. Er will uns die älteren Gräber zeigen. Auf einer weitläufigen Wiese außerhalb der Mauer befinden sich schief stehende und teilweise zerbrochene Steine. Die Kulisse ähnelt sehr dem Jüdischen Friedhof in Prag.

Auf manchen Grabsteinen sind Hände abgebildet. Laut dem Gärtner soll es sich dabei um deutsche Juden handeln. Ob das so genau stimmt, wissen wir nicht. Es könnte auch die segnenden Hände eines Priesters symbolisieren.

Leider wird auf diesem Teil des Friedhofs das dürre Gras einfach abgefackelt. Die rußigen Rückstände machen sich nun schwarz auf unseren Beinen breit. Es wird Zeit, unser Hotel in Butuceni anzufahren.

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