Nach unserem Abstecher zum Vulkan El Totuma geht es über Barranquilla und Santa Marta weiter nach Palomino. Bis dorthin sind es über 250 Kilometer, wofür Cilfredo etwas mehr als fünf Stunden Fahrzeit veranschlagt. Mit anderen Worten: Für den restlichen Tag ist wieder Fahren angesagt. An sich hört sich ja eine Fahrt entlang der Karibikküste idyllisch an. Doch teilweise sind wir entsetzt, wie die Menschen hier mit der Umwelt direkt vor ihrer Haustür umgehen. Bisher kannten wir Kolumbien nur von der sauberen, ordentlichen Seite. Im Bergland achten die Menschen auf ihre Häuser, Höfe und Gärten.
Auch die Städte und Landschaften, sogar die Seitenstreifen wichtiger Verkehrswege waren im Hochgebirge der Anden weitgehend frei von Unrat und Müll. Entlang der Küste erstrecken sich nun beiderseits der Straße immer wieder schmale Lagunen, die zahlreichen Vogelarten einen Lebensraum bieten. Oberflächlich betrachtet wirken die Wasserläufe intakt. Eigentlich könnte es ein Paradies sein, an dem dann sicher die Menschen ihre Freude hätten. Immerhin weist Kolumbien offiziell die höchste Vielfalt an Vogelarten auf. Tatsächlich aber bildet die Karibikküste das krasse Gegenteil zu den höher gelegenen Landesteilen Kolumbiens.
Wir fahren durch Barranqilla, eine Karnevalshauptstadt Südamerikas. Das Karnevalstreiben in dem Ort wird nur von Rio de Janeiro übertroffen. Besonders stolz sind die Einwohner auf ihre Pop-Ikone Shakira, die hier geboren wurde. Doch was sagt Lars dazu? »Die schönste Rose wächst auf dem Misthaufen.« Besser kann man es kaum ausdrücken. Barranquilla ist eine Müllhalde. Und die Menschen wohnen darin, ignorieren es oder scheinen sich damit zu arrangieren.
Bereits am Vulkan El Totuma beobachtetet wir zufällig einen Kolumbianer, der seine leere Wasserflasche achtlos an den Straßenrand geworfen hatte. Als wir ihn deshalb rügten, grinste er nur. Sein Fahrer hatte das Plastikteil dann aufgehoben und uns einen entschuldigenden Blick zugeworfen. Wir können nur hoffen, dass er die Flasche nicht schon bei der nächsten Gelegenheit ebenso achtlos wieder aus dem Fenster geschmissen hat. Was für eine traurige Lebenseinstellung.
Der Dreck reicht leider bis Santa Marta, der ältesten spanischen Siedlung von Kolumbien. Nach Cartagena ist dies die zweitwichtigste Kolonialstadt an der Karibikküste. Doch trotz des bezaubernden Zentrums und eines belebten Hafens fungiert Santa Marta heute vor allem als Ausgangspunkt für Ausflüge in den Tayrona-Nationalpark und für Trekking-Touren in der Ciudad Perdida sowie zur Verlorenen Stadt Teyuna, einer archäologischen Stätte in der Sierra Nevada de Santa Marta.
Wir sind froh, dass wir ohne Zwischenstopp in Santa Marta weiterfahren. Denn kurz nach der Zentrum der Stadt wird es zunehmend gebirgig und erreichen wir bald den Nationalpark Tayrona. Hier endlich lassen wir die triste Parade der karibischen Müllhalden hinter uns und erreichen am frühen Abend die Strandregion von Palomino. So richtig sauber ist es hier zwar auch nicht. Verglichen mit dem, was wir bei der Fahrt gesehen haben, verpuffen unsere schlimmsten Befürchtungen.