Fès, die dritte und Blaue Königsstadt unserer Marokkoreise, ist die älteste der vier Königsstädte. Mit gut einer Million Einwohnern ist sie eine der größten Städte in Marokko und zählt neben der Perle des Orients Marrakesch zu den interessantesten Orten des Landes.
Hier befindet sich das geistige Zentrum und eine der ältesten Universitäten des Islams, die Karaouyine.
Eine der ersten Anlaufstationen eines jeden Touristen in Fès ist der Bordj Sud, die südliche Festung. Von hier eröffnet sich uns eine herrliche Aussicht über die Medina Fès el-Bali, den Königspalast und die nördliche Festung bis zu den umliegenden Bergen. Weil die Reiseleiter hier gut zeigen können, welch gewaltige Ausmaße die Altstadt hat und wie schwierig es ist, sich in dem Labyrinth zurechtzufinden,
wird der Parkplatz jeden Morgen und Abend von etlichen Reisebussen angefahren. Weil wir aber anderthalb Stunden früher als geplant zum Bordj Sud aufbrechen und es immer noch recht heiß ist, sind wir - mit Ausnahme des Wächters - hingegen ganz alleine.
Als wir zur anderen Seite schauen, entdecken wir eine pechschwarze Rauchwolke. Aus der Ferne betrachtet halten wir es für einen Industriebrand. Vielleicht werden auch irgendwelche Abfälle auf irgendeiner wilden Halde abgefackelt oder steht ein Reifenlager in Flammen.
Wir wissen es nicht - und fragen auch Abdul nicht, weil wir denken, dass er es kaum wissen kann.
Später, am frühen Abend, wird uns Abdul am nördlichen Ende der Avenue Hassan II. rauslassen - ganz in der Nähe der amerikanischen Botschaft (Mc Donalds). Bis vor ein paar Jahren hieß die Prachtstraße noch Avenue der Franzosen und erinnerte an ihre kolonialen Erbauer. Nachdem die Franzosen Marokko verlassen haben, ist es nun Mode geworden, die großen Straßen und Plätze den Königen des Landes zu widmen.
Die Leute, die hier Spazieren gehen, wird es wenig stören. Denn während die Avenue tagsüber fast menschenleer ist, wimmelt es hier abends nur so von jungen Leuten, die hier flanieren und das moderne Marokko leben und genießen. Bevor wir uns dazu zählen können, geht es jedoch zunächst weiter mit unserer Extratour in Fès.
Auf dem Weg zum schwarzen Rauch erklärt Abdul, dass wir zu einer Keramikfabrik fahren. Und tatsächlich: die Fabrik ist der Ursprung der ungesunden Abluft. Die Erklärung ist schnell gefunden. Denn direkt nebenan werden Oliven gepresst.
Während das Öl in Flaschen und Kanister gefüllt wird, werden die ausgepressten Oliven als Maische unter dem Himmel wenige Tage lang getrocknet und anschließend in den Keramiköfen verbrannt. So etwas wie Filter oder gar eine Abgasnorm kennt man hier offensichtlich noch nicht.
Bevor der Ton im Ofen landet, werden die Tonlehmbrocken in einem Becken aufgeweicht. Sobald das Material die richtige Konsistenz hat, landet es bei den Töpfern auf dem Drehteller. Hier werden wir Zeuge, wie die Form einer Tajine - in ihr werden in Marokko Schmorgerichte über Kohle zubereitet - entsteht.
Der Deckel wird dabei mit einem dünnen Draht vom unteren Teil getrennt. Eindrucksvoll finden wir, wie flink die Männer die Drehscheibe mit den Füßen bewegen, ohne dabei mit ihren Händen durcheinander zu kommen.
Im nächsten Schritt geht’s in den Ofen. Auch wir dürfen einen der alten Öfen betreten. Obwohl er seit dem Vortag schon nicht mehr in Betrieb ist, schlägt uns immer noch heiße Luft entgegen. Dabei ist der Ofen selbst zweigeteilt: während im oberen Teil die Tongefäße und Teller gestapelt werden, sorgt in der unteren Hälfte die brennende Olivenmaische für eine Temperatur von um die 1.300 Grad.
In dem Boden dazwischen sorgen faustgroße Löcher dafür, dass die Wärme da ankommt, wo sie für die Produktion gebraucht wird.
Nach dem Brennen kommen die Keramiken zu den Künstlern, die mit geübter Feder Muster und Formen auf den Tajinen, Krügen und Tellern zaubern. Dabei müssen sie immer wieder innehalten. Andernfalls droht die frisch aufgetragene Farbe zu verschmieren.
Sind die Keramiken fertig, kommen sie ein zweites Mal bei einer deutlichen niedrigeren Temperatur in den Ofen - fertig.
Doch die Keramik kann hier auch eine andere Laufbahn einschlagen. So ist die Fabrik in Fes für ihre Mosaiken berühmt. Hatte ich einst gedacht, dass einfach irgendwelche Scherben so aneinander gesetzt werden, dass es hübsch aussieht, werde ich hier eines Besseren belehrt. Denn tatsächlich werden farbige Keramikstücke in mühevoller Kleinarbeit nach vorgegebenen,
teils komplizierten geometrischen Formen in kleine Stücke geschlagen und anschließend in ebenso komplizierter und langwieriger Arbeit nach vorgegebenen Mustern gelegt. Bis ein Mosaik von gerade mal einem auf einen Meter fertig ist, vergeht in der Regel ein ganzer Arbeitstag. Selbst wenn man kein Fan dieser Kunstform ist, bekommt man hier ein ganz anderes Wertgefühl für die Mosaike, die einem in Marokko in jeder Stadt begegnen.
Am nächsten Morgen stellt uns Abdul unseren Fès-Stadtführer, Mohammed, vor. Mit ihm fahren wir nach Fès el-Djedid (das neue Fès) mit dem Dar el Makhzen (Königspalast). Mit einer Größe von 80 Hektar beansprucht er den größten Teil von Fès el-Djedid für sich.
Wie die Paläste Dar al-Makhzen Rabat und der Königspalast Meknès ist der Innenbereich für Besucher leider geschlossen. So bleibt uns nur der Blick über den imposanten Place des Alaouites sowie durch einen kleinen Spalt im mächtigen Eingangstor auf den ersten Hof.
Danach führt uns Mohammed um die rechte Seite (wenn man zum Palast schaut) herum in das jüdische Viertel der Stadt, der Mellah von Fès. Auffällig sind hier die Fenster und Balkone, die sich zur Straße öffnen. »In Marokko sind die meisten alten Gebäude nach außen geschlossen und öffnen sich nur zur Innenseite«, erklärt Mohammed.
Was ganz praktisch ist, wenn man bedenkt, wie heiß es hier um die Mittagszeit werden kann. Als die Juden aus Andalusien flohen und sich den Schutz des Sultans durch hohe Steuern erkauften, hatten sie ihre übliche Bauweise jedoch beibehalten.
Leider befinden sich einige der einst prunkvollen Häuser in einem schlechten Zustand. So erfahren wir, dass die meisten Juden nach der Gründung Israels Marokko verlassen haben. Weil die reichen Einwohner Fès’ während der Kolonialzeit lieber ein Haus in der Neustadt gebaut haben,
zog hier die ärmere Bevölkerungsschicht ein, die in den meisten Fällen weder den Sinn für den Erhalt der Bausubstanz noch die Mittel dazu hatte.
Eindrücke von der Arbeit in einer Keramikfabrik in der Nähe der alten Königsstadt Fès in Marokko.
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