Ljubljana zählt zu den Hauptstädten, bei denen schon der Klang des Namens neugierig macht. Auf einem anderen Blatt steht, ob es Fremde schaffen, den Namen richtig auszusprechen. Beispiele hierfür kennen wir zuhauf. So bekommt kein Nichtschotte »Edinburgh« korrekt über die Lippen. »Was meine Englischlehrer jahrelang gepredigt haben, klang vor Ort völlig anders«, grinst Lars. Ebenso sind bei »Chisinau« mehrere Varianten an Aussprachen im Umlauf.
Mit Ljubljana setzt sich unsere Liste der Zungenbrecher europäischer Kapitale fort. Vielleicht hat sich deshalb der deutsche Name Laibach bis heute für Sloweniens Hauptstadt gehalten? Für uns bildet das unaussprechliche Ljubljana ein Etappenziel auf dem Weg von den Julischen Alpen an die Adria. Was nach einem Lückenfüller klingt, entpuppt sich vor Ort als eine kleine, aber feine Hauptstadt.
Wir haben eine Dachbox auf dem Auto. Was bei der Fahrt über Land sehr nützlich sein kann, stellt sich in der Hauptstadt schnell als Hindernis heraus. Parkplätze im Freien sind rar oder nur für Kurzparker und Anwohner freigegeben. Alle vier Parkhäuser, die ich im Voraus herausgesucht hat, sind um wenige Zentimeter zu niedrig.
Eine Höhenangabe im Internet wäre echt hilfreich. Wir klappern mehrere Parkhäuser ab, bis wir das Metelkova erreichen. Na, wer sagt es denn? Hier würde sogar ein Bus hineinpassen. Einzig der Platz am Fußgängerausgang ist für unseren Geschmack etwas zu obdachlosenlastig. Das aber ist weniger dem Viertel als der Nähe zum Bahnhof geschuldet.
Knapp 900 Meter Fußweg trennen das Parkhaus von der Drachenbrücke. Es ist also noch einigermaßen zentral gelegen. Bei der Brücke mit den Drachen, dem Wahrzeichen der Stadt, erfolgt der Zugang über die Ljubljanica in die Altstadt.
Sowie wir den Marktplatz überquert haben, kommen wir zu einer äußerst modernen Standseilbahn. Sie bietet den bequemsten Aufstieg zur Burg auf dem Schlossberg. Langsam schweben wir den Berg hinauf, mit den Dächern der mittelalterlichen Altstadt von Ljubljana im Rücken.
Die Überraschung folgt am Burgeingang. Unglaublich viel Beton, Stahlträger und moderne Holzkonstruktionen wirken so gar nicht mittelalterlich. Und mit Burgen aus dieser düsteren Zeit kennen wir uns inzwischen gut aus. Ein Blick auf die Geschichte bestätigt unseren Eindruck. Die erste Burg entstand im 11. Jahrhundert. Damit liegt der Ursprung tatsächlich im Mittelalter. Der heutige Grundriss des Schlosses geht auf das 15. Jahrhundert zurück.
Die Burg, die wir betreten, ist das bereits dritte Festungsbauwerk auf dem Berg. Jedes Mal wurde der Vorgänger zuvor komplett abgetragen. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die heutige Anlage errichtet. Als die Burgen mit der Entwicklung neuer Waffen ihre militärische Bedeutung einbüßten, richtete man hier eine Haftanstalt ein. 1905 übernahm schließlich die Stadtverwaltung das Laibacher Schloss.
Neu errichtet, saniert und modernisiert mauserte sich die Burg zu einem wichtigen kulturellen Veranstaltungsort. Damit gewann sie auch als touristische Sehenswürdigkeit an Gewicht. Ljubljanski Grad ist das Wahrzeichen von Ljubljana. Mittelalterliche Mauern gehen Hand in Hand mit der modernen Architektur unserer Zeit. Wir steigen den Erasmus-Turm empor. Das Bauwerk ist nach einem Raubritter benannt und diente einst als Kerker. Heute ist der Turm offen und ermöglicht den Zugang auf eine Aussichtsterrasse. Zur einen Seite schweift der Blick über die Dächer von Ljubljana, auf der anderen schließt der Burghof an. Einen zentralen Platz bildet dort die Fläche für Kultur-Events. Abwechslungsreiche Architekturelemente sind eine ideale Kulisse.
Unter der Terrasse führen Treppen hinab in den Felsensaal. Hier waren einst der Holzspeicher sowie auch die Räume der Wächter und Verwalter des Zuchthauses. Ein modernes Beleuchtungssystem und klare Holzstrukturen neben Sichtbeton lassen das Mittelalter weit hinter sich. Durch die unterirdischen Gänge gelangen wir zu den Ausstellungsstücken der Neuen Slowenischen Kunst. Das politische Kunstkollektiv wurde 1984 als Bewegung in Ljubljana gegründet, als Slowenien noch Teil Jugoslawiens war.
Mit totalitären und ideologischen Zeichen und Symbolen in den düsteren Kunstwerken sorgte die NSK wiederholt für Provokationen, Missverständnisse und Verwirrung. Nach der Unabhängigkeit Sloweniens verloren sie ihre Rolle als staatsgefährdende Provokateure und geistige Brandstifter, was solche Ausstellungen erst ermöglicht.
Die Burgkapelle St. Georg gehört zu den ältesten gemauerten Bauwerken im Burgkomplex. Die zunächst gotische Kapelle wurde 1747 im Barockstil umgebaut. Anstatt mit kirchlichen Motiven wurden die Wände und Decken mit den Wappen der Landeshauptleute bemalt. Dadurch zählt die Kapelle auch im europäischen Maßstab zu einer Besonderheit.
Fasziniert betrachtet Lars die vielen Wappen, in der Hoffnung, einen Freudenthal unter den Adelsfamilien zu finden. Währenddessen erstellt mir ein Kunstlehrer der Kalligrafie hübsche Lesezeichen mit unseren Namen darauf. Ljubljana ist eine Stadt der Künste. Das spürt man auch auf der Burg.
Der Schlossberg von Ljubljana ist ein Naherholungsgebiet mit Wäldern und Spazierwegen. Da wir später weiter zur Hafenstadt Piran wollen, verzichten wir auf eine längere Tour. Stattdessen nehmen wir die Standseilbahn wieder hinab in die Altstadt. So stehen wir nach wenigen Schritten auf dem Zentralmarkt.
Frisches Obst und Gemüse wie auch Hortensien, Chrysanthemen und Rosen bieten ein herrlich buntes Bild dar. Hinter dem Markt befinden sich auffallend wuchtige Kolonnaden. Die Wandelhalle ist gespickt mit kleinen Läden und Cafés. Zeit für eine Latte macchiato, die wir mit Blick über die Ljubljanica zur Neustadt genießen.
Am Ende der Kolonnaden befindet sich die Tromostovje. Die dreispännige Brücke über die Ljubljanica ist ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Die Steinbogenbrücke aus weißem Granit stammt ursprünglich von Giovanni Picco, einem italienischen Architekten, der 1842 die alte Holzbrücke ersetzte. Der Slowene Jože Plečnik erweiterte die Brücke 1929 mit den beiden seitlichen Fußgängerbrücken.
Über die Tromostovje kommen wir zum Prešerenplatz, dem Hauptplatz von Ljubljana. In der Mitte des Platzes erinnert ein Denkmal an den Nationaldichter France Prešeren. Neben der barocken Franziskanerkirche zieren Jugendstilgebäude wie das Urbanc-Haus und das Grand Hotel Union den Prešerenplatz.
Das Smalc-Haus ist zudem reich geschmückt im Sezessionsstil, der Österreichischen Variante des Jugendstils. Zur Modernen Kunst zählt wohl der Ljubljaner Regen. Unentwegt wird dieser über eine Installation über den Platz gesprüht und sorgt für Verwirrung beim sonst heiteren Sonnenschein.
Wir gehen zurück in die Altstadt und bummeln durch den Mestni-trg, dem langgezogenen Stadtplatz. Auch dieser ist gesäumt von prächtigen Stadthäusern aus verschiedenen Epochen. Vor dem Rathaus steht ein üppiger Brunnen aus dem Jahr 1752. Er symbolisiert die drei Krainerflüsse Ljubljanica, Sava und Krka und ist ein Meisterwerk von Francisco Robba.
Der Brunnen ist eine gelungene Kopie. Das Original steht aus konservatorischen Gründen in der Slowenischen Nationalgalerie. Auch in Ljubljana lohnt sich ein Blick ins Rathaus. Es besitzt einen hübsch verzierten Arkadenhof, der oft mit Blumen geschmückt ist.
Am südlichen Ende der Fußgängerzone wechseln wir zur Uferpromenade der Ljubljanica. Hier reihen sich Restaurants, Bars und Cafés aneinander. Alle bieten sie schöne Sitzmöglichkeiten im Schatten der Bäume, direkt an der Ljubljanica. Es treffen sich Schüler und Studenten. Die Bewohner von Ljubljana sind auffallend jung.
Der Fluss, eingepfercht zwischen Betonwänden, strömt gemächlich durch die Stadt. Auch wenn Beton das Flussufer dominiert, sind einige Stellen üppig grün bepflanzt. Ein wunderschöner Platz mit besonderem Flair. Bei Kaffee und Kuchen schöpfen wir neue Kraft, bevor wir die Hauptstadt Sloweniens verlassen und weiter zur Adriaküste fahren.