Ein Hauch von Renaissance in Radovljica

In der Geburtsstadt von Anton Tomaž Linhart

»Radovljica stand schon immer im Schatten des nahen Bled.« Oder auch: »Radovljica liegt ein wenig Stiefmütterlich an der Autobahn.« Unser Slowenien-Reiseführer von Reise Know-How findet kaum schmeichelnde Wort für unser erstes Ziel in der Oberkrain. Bei der Suche nach einem romantischen Hotel verhält es sich anders.

Rund um Bled kann uns kaum ein Etablissement so überzeugen wie das Hotel Linhard in Radovljica. Und diejenigen, die es in die engere Auswahl schaffen, sind bereits ausgebucht. So erreichen wir gegen Abend den Parkplatz vor der Altstadt. Hier bleibt das Auto stehen, denn die Altstadtgasse ist frei von Blech.

Wir nehmen das Nötigste aus unserer Dachbox und spazieren in die Linhartov trg, dem langgezogenen Platz der Altstadt von Radovljica. Im Jahr 1296 wurde der Ort erstmals als Radmansdorf erwähnt. Bereits 1333 verlieh Herzog Heinrich von Kärnten der Siedlung das Marktrecht. Die damit einhergehenden Handelsbeziehungen verhalfen Radovljica im Mittelalter zu Wohlstand.

Die über Jahrhunderte währende Blütezeit endete im 18. Jahrhundert. Danach fiel die Siedlung in eine Art Dornröschenschlaf. Weil keine Umbauten und Erweiterungen mehr stattfanden, behielt der Linhart-Platz seinen Grundriss aus dem 14. und 15. Jahrhundert bei. Zusammen mit den alten Häuserfassaden umgibt einen hier noch immer ein Hauch von Renaissance.

Josipina Hosevar – die Wohltäterin von Radovljica

Radovljica ist ein kleines Idyll. Cafés laden zum Verweilen ein und Kinder spielen auf dem autofreien Platz. Touristen schlendern mit einem Eis in der Hand von Haus zu Haus und betrachten die hübschen Wandmalereien. Eine bedeutende Sehenswürdigkeit ist der Dorfbrunnen nahe dem Linhard Hotel. Der Brunnen ist der in Radovljica geborenen Wohltäterin Josipina Hosevar gewidmet.

Die Tochter wohlhabender Eltern heiratete 1842 den Geschäftsmann und Politiker Martin Hosevar. Mit ihm machte sie bald ein Vermögen. Doch das Paar gab sein Geld nicht leichtfertig aus. Sie spendeten Geld für Krankenhäuser, Schulen und Kinderheime. In ihrer Heimatstadt trieb Josipina den Aufbau der Wasserversorgung voran. So steht heute auf dem Brunnen von Radovljica ein Schuljunge, der ein Medaillon mit ihrem Abbild hält.

Weiter geht es an den ehemaligen Verwaltungsgebäuden auf der einen und den kleinen Häusern der Händler auf der anderen Seite vorbei zur spätgotischen Hallenkirche. Sie ist geschmückt mit einem hübsch bemalten Kreuzrippengewölbe. Der Altar besteht aus schwarzem Marmor. Gleich neben der Kirche steht eine Erweiterung der Pfarrgebäude.

Laut der Broschüre von Radovljica schenkte dort der Priester nach dem Gottesdienst Wein aus. Beim Haus Nummer 30 lohnt sich ein Blick in den Innenhof. Das Gebäude war Teil der Stadtverteidigung. Im Inneren beherbergt das Gebäude einen erhaltenen Arkadenhof aus dem 16. Jahrhundert.

Die Bienenzucht der Slowenen

Ein weiteres bedeutendes Gebäude ist das mittelalterliche Schloss Thurn in der Mitte des Linhard-Platzes. Es wurde durch die Grafen von Ortenburg gebaut und beherbergt die Museumsverwaltung von Radovljica. Die Hauptattraktion im Schloss ist das Imkereimuseum. Das zentrale slowenische Bienenzuchtmuseum gilt als besonders wichtig.

Die Slowenen haben eine ganz besondere Beziehung zu ihren Bienen. Schon früh kümmerten sie sich um die Bienenzucht und verkauften ihre Bienenvölker nach ganz Europa. So hat ein Großteil der Bienen in Deutschland seinen Ursprung in Slowenien.

Das Linhard Hotel inmitten der Altstadt

Ob Linhard-Platz oder Linhard Hotel – vieles in Radovljica ist Anton Tomaž Linhart gewidmet. Der Dichter, Dramatiker und Historiker war eine der wichtigsten Personen in der slowenischen Geschichte. Das zweite Haus links am Linhard-Platz ist sein Geburtshaus. Das Hotel Linhard ist wohl einfach nur nach ihm benannt.

Wir übernachten dort im Eckzimmer zum Platz im ersten Obergeschoss. Das Zimmer ist geräumig und romantisch eingerichtet. Die Fenster sind ausreichend schallisoliert. So ist es auch kein Problem, wenn in den umliegenden Gaststätten und auf dem Platz länger gefeiert wird.

Das alte Gemäuer des Linhard Hotels bringt schmale Treppen, verwinkelte Gänge und niedrige Eingänge mit sich. Beim Frühstück sollte man entsprechend vorsichtig sein, wenn man vom Büfett zum Essraum läuft.

Das Büfett selbst bietet eine gute Auswahl. Warme Eierspeisen werden direkt am Tisch serviert. Wir fühlen uns in dem liebevoll eingerichteten Hotel mit den sehr netten Angestellten richtig wohl.

Zum Abendessen im Gostilna Lectar

Für das Abendessen können wir Gostilna Lectar empfehlen. Es befindet sich gegenüber dem Linhard Hotel und bietet eine große Auswahl an slowenischen Gerichten. Richtig hübsch wird die Pilzsuppe in einem Brotteig serviert. Sehr deftig ist der fleischlose Bauernschmaus mit viel Kraut und gekochtem Topfenstrudel.

Dazu gibt es einen roten Hauswein. Mehr brauchen wir nicht, um den Abend gemütlich und zufrieden ausklingen zu lassen. Auch dies bestärkt unsere guten Erinnerungen an das mittelalterliche Radovljica. Reisende, die es lieber authentisch als mondän mögen, sind hier bestens aufgehoben.

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