Wanderung vom Pico do Arieiro zum Ruivo

Die Sonne scheint. Nur ein paar Deko-Wolken zieren den Himmel. Für Wanderer sind das optimale Bedingungen für die Königstour auf Madeira. Mit dem Pico do Arieiro, dem Pico das Torres und dem Pico Ruivo, bringt uns diese gleich zu den drei höchsten Gipfel der Insel. Wir starten gleich nach dem Frühstück und nehmen Dank unseres inseluntauglichen Navis mal wieder den direkten Weg dorthin.

Die Königstour über die höchsten Gipfel von Madeira

Anfahrt in die Berge

Während eine Hauptstraße in großen Serpentinen in die Berge führt, fahren wir nach Anweisung an einer eher unübersichtlichen Stelle von dieser herunter. Anstatt sanft nach oben zu kurven, fahren wir senkrecht zu den Höhenlinien eine der steilsten Straßen von Madeira hinauf. Bevor wir die Hauptstraße wieder erreichen, macht unser Clio keinen Wank mehr. Also kurz zurückrollen lassen, Anlauf nehmen und … Juchu! Wir sind wieder auf der eigentlichen Straße zum Pico do Arieiro.

Start bei der weißen Radaranlage

Mit einer vom Poiso-Pass ausgehenden Straße ist der Pico do Arieiro sehr gut erschlossen. Durch einen riesigen Parkplatz, einer Cafeteria und dem dazugehörenden Souvenirladen ist der dritthöchste Gipfel zugleich der meistbesuchte Gipfel von Madeira. Entsprechend beliebt ist er als Ausgangspunkt für Wanderungen. Doch wir sind früh dran, sodass wir noch reichlich Parkmöglichkeiten vorfinden. Schon von Weitem sehen wir die weiße Radaranlage, die zur NATO-Station der Portugiesischen Luftwaffe gehört. Unmittelbar daneben steht der Gipfelstein des Pico do Arieiro (1818 m), welcher über eine Treppe für jedermann gut erreichbar ist. Es zieht wie Hechtsuppe und ich setze mich hinter den Stein, um nicht vom Berg geweht zu werden. Viel Spaß beim Wandern bei dem Wind!

Vom Wind lassen wir uns doch nicht abschrecken

Doch wir lassen uns nicht abschrecken und ziehen die Kapuzen über den Kopf. Kurz unterhalb des Gipfels zweigt der Wanderweg zum Pico Ruivo über den PR 1 ab. Der Weg ist gepflastert mit Basalt- oder Trachytplatten. Diese grauen Gesteine sind die Produkte von Vulkanausbrüchen und entstehen bei langsam fließender Lava. Sie sind extrem hart, werden bei Nässe allerdings auch sehr glatt. Bei Regen ist hier Vorsicht geboten und bei Schnee ist die Wanderung tunlichst zu unterlassen.

Nachdem der erste, dem Wind extrem ausgesetzte Bergrücken überwunden ist, wandern wir auf dem nächsten Abschnitt stets bergauf und -ab. Der Wanderweg führt hier über traumhafte, an Himmelsleitern erinnernde Treppen über kleine Gipfel hinweg. Es ist einer der schönsten Abschnitte der Wanderung. Teilweise ist der Weg galerieartig in den Fels gehauen. Wir folgen einem kurzen Abstecher zur Aussichtskanzel Miradouro do Ninho da Manta, dem Bussardnest. Von hier aus können wir weite Teile unseres Weges überblicken. Sehen aber auch auf die Nebeldecke der Inselnordseite.

Pico do Gato, der Katzenbuckel

Von der Aussichtskanzel zurück auf dem Weg, setzt sich das ständige Auf und Ab fort. Diesmal überqueren wir schmale Grade, die (zum Glück) beidseitig gut gesichert sind. Von hier haben wir Sicht in ein Seitental vom Curral das Freiras, dem Nonnental. Ein in Fels gehauener Tufftisch bietet Platz für eine kleine Pause, bevor es über steile Treppen hinunter zum Pico do Gato, dem Katzenbuckel, geht.

Wir passieren ein hübsches Felstor, bevor wir den Pico do Gato (1712 m) mit Hilfe eines kurzen Tunnels durchwandern. Taschenlampen brauchen wir hier keine. Danach folgt eine extrem steile Natursteintreppe, auf der wir einige Höhenmeter wieder verlieren. Ein gutes Stück weiter unten haben wir dann die Wahl: Links geht es über eine bequem zu laufende und fast ebene Tunnelstrecke über die Westflanke des Pico das Torres zum Pico Ruivo. Wir sehen uns diese für den Rückweg vor.

Jetzt aber entscheiden wir uns für die sportliche Variante. Diese führt über den Sattel an der Ostseite des Pico das Torres. Gepflegte Pflasterwege leiten uns dabei entlang der Felsen. Immer wieder blicken wir von hier aus zur auffallenden Radaranlage des Pico do Arieiro, den inzwischen immer wieder kleine Wolken erreichen. Auch beim Blick ins Tal sehen wir auf beständig gegen den Berg anrennende Wolken, die sich jedoch ein Stück weit unter uns auflösen.

Das Torres, der zweithöchste Gipfel auf Madeira

Der Pico das Torres ist der zweithöchste Gipfel von Madeira. Mit seinen 1851 Meter Höhe und seiner felsigen Flanke ist er ein beliebter Kletterberg. Als Wanderer verzichten wir jedoch auf den Gipfelsturm. Unser Weg verläuft über einen Sattel an der Ostseite des Berges, der knapp 100 Meter unter dem Gipfel auf die andere Seite herumführt. Aber auch der Sattel hat es in sich, sodass uns bald einige Schweißperlen auf der Stirn stehen. Wanderer, die sich erst noch an Bergtouren gewöhnen müssen, zwingt der Aufstieg sogar zu einigen Pausen.

Der Weg führt durch mannshohen Ginster

Vom Pico do Gato aus verläuft der schöne Natursteinweg gut gesichert entlang der Steilwand. Bei kleinen, aber natürlichen Terrassen ist der Weg von mannshohem Ginster gesäumt. Da verschwindet selbst Lars zwischen den vielen Blüten fast von der Bildfläche. In der Vegetation ist es noch bequem zu laufen. Dann aber beginnt ein unglaublicher Treppenpfad. Die Stufen sind in den Fels geschlagen und alle unterschiedlich hoch. Es ist schwierig, hier einen gleichmäßigen Schritt zu finden. Trotzdem ist der nächste Sattel doch bald erreicht.

Oben angelangt bieten genügend Felsen Platz für eine kleine Pause. Von hier aus ist unser Ziel, der Pico Ruivo, und sogar die dahinter liegende Berghütte, gut zu erkennen. Über Treppen und Serpentinen geht es vom Sattel des Pico das Torres wieder herunter. Nachdem das Steilstück geschafft ist, windet sich der Weg wieder entlang der Felswand und können wir neue Kraft schöpfen.

Ein Felssturz - Das Ende unserer Tour?

Wir erreichen einen Tunnel. Hier trifft die Westvariante, die wir beim Pico do Gato wählen konnten, wieder auf den Hauptweg. Über eine Rechtskurve verläuft der Wanderweg durch eine Art Galerie in der Felswand. Ein großes Lebensgefahr- und Durchgangsverbotschild weist jedoch darauf hin, dass der Weg gesperrt ist. Und was nun? Laut unserer Wanderkarte ist dies die einzige Verbindung zum Pico Ruivo. Wir laufen ein Stück entlang des verbotenen Weges, um nach dem Grund zu schauen. Wir müssen nicht weit laufen. Ein Felssturz hat ein gutes Stück aus dem Berg gerissen und mit ihm auch den Wanderweg. Dort, wo einst die Galerie war, geht es jetzt senkrecht nach unten. Da keine Alternative angeschrieben steht, kehren wir enttäuscht zurück. Endet hier unsere Tour zum höchsten Gipfel von Madeira?

Ein wirklich steiler Umweg

Da wir ja schon mal hier sind, nehmen wir die Tunnelstrecke entlang der Westflanke des Pico das Torres. Hier kommen nun auch unsere Taschenlampen zum Einsatz, denn der erste Tunnel ist knapp 100 Meter lang und dunkel. Trotz der Pflasterung haben sich mehrere Pfützen auf dem Tunnelgrund gebildet, denen wir ausweichen. Kurz nach dem Tunnelausgang, noch im Schatten des Pico das Torres, stoßen wir auf ein provisorisches Schild mit dem Hinweis zum Pico Ruivo. Soll das die Ersatzstrecke sein?

Der Pfad ist abschüssig und sieht alles andere als gut begehbar aus. Dies ist auch der Grund, weshalb hier einige Wanderer Pause machen. Sie warten auf ihre Mitwanderer, die den Umweg gewagt haben. Wir wagen es auch. Vorsichtig schlittern wir den Pfad herunter. Waren wir bisher auf gut ausgebauten Pflasterwegen und Felstreppen unterwegs, ist der Pfad hier nur grob ins Tuffgestein geschlagen und somit sandig und rutschig.

Kräfte zehrendes Auf und Ab

Leider gleicht die Strecke eher einer wilden Piste als einem Wanderweg. Das ständige Auf und Ab geht an die Substanz. Daran ändern auch die Metalltreppen nichts, welche die markanten Stellen überhaupt erst passierbar machen. Allen Widrigkeiten zum Trotz ist auch dieser Weg mit Seilen ausreichend abgesichert. Wo es ging, wurden Treppen in den Sandstein gearbeitet. Die teils meterhohen Stufen sind zwar schwierig zu begehen, aber machbar. Über einen Bergrücken gelangen wir schließlich über Naturwege wieder auf den Hauptweg.

Von hier aus können wir gut auf den Felssturz blicken. Von dem Berg ist ein recht großes Stück abgebrochen. Vom alten Wanderweg fehlen 30 oder 40 Meter. Ob die eingearbeitete Galerie den Berg instabil gemacht hat und Schuld an den Felssturz trägt? Wir sind froh, trotz der Strapazen auf der anderen Seite angelangt zu sein. Hier führt uns der gewohnt gut gepflasterte Weg durch große Ginsterfelder und an üppig blühenden Margeriten-Büschen vorbei. In dem Blütenmeer stehen bis zu 300 Jahre alte, knorrige Baumheiden. Leider fielen die meisten von ihnen 2010 einem großen Waldbrand zum Opfer, was sie heute gespenstisch wirken lässt.

Berghütte beim Pico do Ruivo

Ab dem verbrannten Baumheidebestand führt der Weg in einer lang gezogenen Kurve beständig aufwärts bis zur Berghütte. Kurz vor der Hütte treffen wir auf Abzweige, die zum Parkplatz von Achada do Teixeira oder nach Ilha führen. Wer auf kurzem Weg auf den Pico Ruivo gelangen will, fährt mit dem Auto bis auf den Parkplatz. Ab dort ist es ein etwa zwei Kilometer langer Fußmarsch bis zum Gipfel. Mit über 1500 Höhenmeter wäre der Weg von Ilha dafür einiges anstrengender als unsere Tour.

Die Berghütte kommt uns ganz gelegen. Gerade durch den Umweg sind wir doch ganz schön ins Schwitzen gekommen und freuen uns auf kühle Getränke. Der Hüttenwirt ist ein netter alter Mann, der sich gerne mit den Wanderern unterhält, selbst wenn ihn die wenigsten verstehen. Egal, er hat einen tollen Job und macht die Leute glücklich.

Auf dem Gipfel des Pico Ruivo

Etwas abgekühlt und gestärkt liegt nur noch ein einfacher Treppenaufstieg vor uns. Mit Baumheide und Ginster neben dem Weg wirkt der Aufgang fast wie eine Gartenanlage. Auch die Ebene auf dem Gipfel des Pico Ruivo (1862 m) ist ordentlich gepflastert. Eine steinerne Bank lädt im zugigen Wind zu einer Pause ein. Bei 1862 Metern sind wir nun auf dem höchsten Gipfel von Madeira. Zudem ist dies einer der höchsten Berge von Portugal. Überragt wird er nur vom Montanha do Pico und dem Piquinho mit 2351 Metern auf der gleichnamigen Azoreninsel. Rings herum hat sich inzwischen ein Nebelmeer gebildet. Aber der Himmel über uns bleibt blau und die Spitzen der Nachbarberge ragen aus dem Nebel heraus. Es ist einfach herrlich. Oder wie Lars sagt: wenn die Aussicht so schön ist, dass sie sich kaum in Worte fassen lässt, dann macht man halt ein Foto.

Auf dem langen Rückweg

Der Rückweg führt uns nochmals über die beschwerliche Umgehungsstrecke mit den Leitern und Treppen. Grund genug, um hoch über dem Seitental vom Nonnental Curral das Freiras eine weitere Pause einzulegen, bevor es durch die Tunnel geht. Dieser Weg um den Pico das Torres ist auf den Schildern mit einem »O« für oeste = West gekennzeichnet. Lange Zeit war die Strecke wegen Felsstürze gesperrt. Nach und nach wurden aber neue Wege angelegt, wobei wir den alten Verlauf, der meist im Nichts endet, noch gut erkennen können.

Galerien in den Steilwänden

Mit den Galerien in den Steilwänden wurde ein unheimlicher Aufwand betrieben, um den Weg für Wanderer gut begehbar zu machen. War die Strecke bis in die 1960er Jahre noch eine herausfordernde bergsteigerische Leistung, so ist sie heute zwar anstrengend, aber für die meisten Wanderer mit mittlerer Kondition doch machbar. Allerdings gibt es an der Westflanke einige Stellen, bei denen Schwindelfreiheit von Vorteil ist. Mit Drahtseilen und soliden Geländern sind aber auch diese sehr gut gesichert.

So bietet der Westweg noch eine schöne Abwechslung, bevor es ab dem Pico do Gato auf dem bereits bekannten Weg zurück zum Besucherzentrum des Pico do Arieiro geht, wo diese zugleich tagesfüllende wie auch einmalige Bergtour endet. In unserem Fall übrigens mit einem kräftigen Sonnenbrand im Nacken und Gesicht. Ja, in der Höhe nimmt die UV-Strahlung deutlich zu. Die wohlverdiente Pause haben wir uns aber dennoch auf der Sonnenterrasse des Besucherzentrums gegönnt, eh wir mit einer ganzen Fülle neuer Eindrücke zurück ins Hotel gekehrt sind.

Video unserer Wanderung vom Arieiro auf den Ruivo

Eindrücke unserer Wanderung vom Pico do Arieiro über den Pico das Torres auf den Pico Ruivo, dem höchsten Berg von Madeira.

Anfahrt, Anforderungen und GPS-Daten zur Wanderung

Die Anfahrt erfolgt ab Funchal zunächst auf der VE1, dann auf der ER102 Richtung Camacha (alternativ von der VE5 von der Küste hoch zur ER102, dann links Richtung Funchal). Weiter über die ER203 hoch zum Poiso-Pass auf den Pico do Arieiro. Die Parkplätze befinden sich links und rechts der Straße.

Hinweis: der ursprüngliche Wanderweg ist zwischen dem Pico das Torres und dem Pico Ruivo gesperrt. Der Umweg erfolgt durch den Tunnel und dann auf der anderen Seite des Grats über einige Leitern.

AusgangspunktPoiso-Pass unterhalb vom Pico Arieiro
KoordinatenN 32.82820, W 16.89800
Gehzeit6 bis 7 Stunden
Distanz12 km
Anstiegeca. 1100 HM
AnforderungenT 3, Kondition, Trittsicherheit
EinkehrCafé in der Berghütte
GPS-DatenWanderung Pico Arieiro Pico Ruivo gpx
kml-DatenWanderung Pico Arieiro Pico Ruivo kml

Wanderkarte zur Königstour ab dem Pico Arieiro

Höhenprofil

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!
Neuen Kommentar schreiben